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Urheberrecht in Österreich

  • von

(Zeitung 2006) Vom Druckerprivileg zum Schutz künstlerischer Autonomie. Juliane Alton

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Das älteste urheberrechtsähnliche Regelwerk war der Queen Ann’s Act von 1710 in England. Dabei handelte es sich um ein Druckerprivileg, das bestimmten Druckern erlaubte, bestimmte Werke zu vervielfältigen. Welche, das war Sache der Regierung – insofern eine sinnreiche Kombination aus Investitionsschutz und Zensurwerkzeug.

Erst im Zug der Französischen Revolution wurde der Versuch gemacht, im Sinn der Emanzipation der GeistesarbeiterInnen diesen ein Eigentumsrecht an ihren Schöpfungen zu sichern (droit d’auteur).

Im Widerstreit zwischen kontinentaleuropäischem Urheberrecht, das die KünstlerInnen zu schützen versucht ,und angloamerikanischem Copyright, das vor allem Investoren schützt, deutet derzeit alles auf ein Obsiegen des Copyright hin. Doch auch das Urheberrecht hat in der Praxis die Verwerter künstlerischer Erzeugnisse nicht benachteiligt.

1897 wurde die AKM (Autoren, Komponisten, Musikverleger) als erste österreichische Verwertungsgesellschaft gegründet, die Lizenzgebühren für die öffentliche (nicht bühnenmäßige) Aufführung von Musikwerken kassierte und an ihre drei Mitgliedsgruppen verteilte. Verwerter waren also von Anbeginn bei den Verwertungsgesellschaften mit im Boot, sodass diese im logischen Interessengegensatz zwischen KünstlerInnen und VermarkterInnen nicht unbedingt eine klare Position für die KünstlerInnen einnehmen.

Das noch immer in Geltung befindliche Urheberrechtsgesetz von 1936 wurde als Vorlage der Ständestaatregierung beschlossen. Die Neufassung war aufgrund der 1928 in Rom revidierten Berner Übereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst und aufgrund der technischen Entwicklung (Radio, Tonfilm, Schallplatte) notwendig geworden.

In den 1930er Jahren wurden in Österreich Filme aus privaten Mitteln realisiert und in der Kinoauswertung damit Geld verdient. Von staatlicher Filmförderung war keine Rede. So ist es nachvollziehbar, dass damals im Gesetz die cessio legis verankert wurde, die gesetzliche Abtretung der Urheberrechte der Filmschaffenden an den Filmhersteller, die heute keineswegs mehr haltbar ist und von den Interessenvertretungen der Filmurheber heftig, aber mit bisher unzureichendem Erfolg bekämpft wird.

Im Zug der Novelle 1972 wurde der Mozartgroschen debattiert, d.h. die Einführung einer Abgeltung für nach Ablauf der Schutzfrist frei nutzbare Werke, um damit die aktuelle Kunstproduktion zu fördern. Dieses Konzept ist bis heute nirgends verwirklicht, wird jedoch von KünstlerInnenverbänden nach wie vor eingefordert.

Während bis ca. 1980 die Entwicklung der Berner Übereinkunft mit ihrem immer größeren Rechtekatalog und ihren Schutzfristverlängerungen den Takt der Novellierungen vorgab, waren dies ab 1980 einerseits der innerstaatliche Druck, den vor allem die IG Autorinnen Autoren erzeugte, und andererseits wieder die internationale Entwicklung im Rahmen des Welturheberrechtsabkommens 1971 und der EU-Richtlinien. Seit 1991 (Software-Richtlinie) bis dato gibt es bereits acht Richtlinien, deren inhaltliche Würdigung sehr widersprüchlich (und vor allem sehr umfangreich) ausfallen müsste.

Unzulänglicher Schutz der UrheberInneninteressen

Eine erste Gegenbewegung zum Urheberrecht bzw. Copyright machte sich aus Ärger über die Ausnutzung der oft schlechten wirtschaftlichen Situation von KünstlerInnen durch potente Wirtschaftsunternehmen schon Anfang der 1990er Jahre bemerkbar, doch auch die Entmündigung von KünstlerInnen durch Verwertungsgesellschaften und die Monopolisierung von Information bildeten Motive für die so genannte Copyleft. Die Copyleft steht für die freie Nutzung von geistigen Erzeugnissen und gegen die Tendenz, z.B. Schutzfristen ständig zu verlängern. Nachhaltige Konzepte lieferte die Copyleft im Kulturbereich nicht, doch die Artikulation des bestehenden Unbehagens hatte Folgen. Im Bereich „Free Software“ wirkt die Copyleft weiter.

Während in Deutschland ein Urhebervertragsrecht allzu unfairen Praktiken von Verwertern (z.B. Buchverlagen) einen Riegel vorschiebt, ist es in Österreich bislang nicht gelungen, ein solches gesetzlich zu verankern oder auch nur Filmschaffende als vollwertige UrheberInnen mit genuinen Rechten auszustatten.

Monopolist Verwertungsgesellschaft?

Die Verwertungsgesellschaften kamen mit Beginn der vielfältigen technischen (Nach-) Nutzungen zu größeren Umsätzen und steigender Bedeutung: An Rundfunk, Fernsehen, Kabel- und Satellitenverbreitung von Sendungen knüpfen wichtige Einnahmen an. Mittlerweile nehmen die Verwertungsgesellschaften auch Rechte für Download und Internetstream wahr.

Sie waren einerseits erfolgreich in ihrem Lobbying, wenn es um die Einführung von neuen Lizenzabgaben (z.B. 1980 Leerkassettenvergütung) ging. Andererseits werden die KünstlerInnen mit regelmäßig einseitig geänderten Wahrnehmungsverträgen entmündigt und in ihrem Verfügungsrecht über ihre Werke eingeschränkt (natürlich zu ihrem eigenen Schutz, wird argumentiert). Das funktioniert so: Z.B. die GEMA (= deutsche AKM) schickt an ihre Bezugsberechtigten die Information, dass nunmehr der Download von Werken aus dem Internet urheberrechtlich geschützt sei, dass sie dieses Recht für ihre Bezugsberechtigten wahrnehme und der Wahrnehmungsvertrag um den entsprechenden Passus erweitert werde. Wer sich nicht rührt, stimmt zu. Wer nicht einverstanden ist, kann nur austreten und damit all seine Einnahmen aus der Zweitverwertung verlieren, denn die sind verwertungsgesellschaftenpflichtig.

Creative Commons (CC) stellt für nicht wenige KünstlerInnen eine brauchbare Form des Marketing und der Verbreitung dar. CC wurde vom Rechtsprofessor Lawrence Lessig in den USA entwickelt. CC folgt der Idee, nur einige wenige Rechte an einem Werk zurückzuhalten und im übrigen die Nutzung unter bestimmten Bedingungen (im Internet) freizugeben: z.B. dass die UrheberIn genannt werden muss (Attribution), dass Bearbeitung erlaubt ist (oder nicht), dass die kommerzielle Nutzung nicht erlaubt ist oder falls doch, dass neu entstandene Werke unter den gleichen Bedingungen lizenziert werden müssen (Attribution-Share Alike). Mittlerweile gibt es Millionen Werke, die nach CC lizenziert und entgeltfrei nutzbar sind. Einige Browser enthalten Werkzeuge, um zielgerichtet nach CC-lizenzierten Werken zu suchen (z.B. search.yahoo.com/cc ).

Zwei Tatsachen beeinträchtigen den Gebrauch von Creative Commons: Zum einen handelt es sich um eine eingetragene Marke des Herrn Lessig. Zum anderen verunmöglichen die europäischen Verwertungsgesellschaften ihren Bezugsberechtigten die CC-Lizenzierung mit ihren strikten Wahrnehmungsverträgen. Sie zeigen bislang kein Interesse, dies zu ändern, sondern agieren nach dem Prinzip „Vogel friss oder stirb“. Wer z.B. mit der AKM einen Wahrnehmungsvertrag abschließt, um für die Sendung seiner Werke im Radio Entgelt zu erhalten, räumt ihr die Rechte für alle bestehenden und künftigen Werke ein. Die KünstlerIn schließt sich selbst betreffend den Rechtekatalog der Verwertungsgesellschaft von der Nutzung der eigenen Werke aus und kann auch niemand Drittem eine (nicht-kommerzielle) Werknutzungsbewilligung erteilen. Die Wahrnehmungsverträge der amerikanischen Verwertungsgesellschaften lassen dies hingegen zu.

Urheberrecht heute

Ein zeitgemäßes, künstlerfreundliches Urheberrecht benötigt binnen Kurzem:

  • ein Urhebervertragsrecht, das die wirtschaftlichen Schieflagen kompensiert,
  • Mozartgroschen statt Schutzfristenverlängerung,
  • ein europäisches Verwertungsgesellschaftenrecht, das die demokratische Mitbestimmung der KünstlerInnen garantiert und die interne Machtübernahme der Konzerne verhindert.


Juliane Alton ist Kulturarbeiterin