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Herstellung von Symmetrie

  • von

(Zeitung 2006) Österreichweite Vernetzung von Frauen in Kunst und Kultur. Daniela Koweindl

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„In der österreichischen Kunst- und Kulturszene können Frauen noch immer nicht den Platz einnehmen, der ihnen gebührt. Die Arbeit von Künstlerinnen und Kulturarbeiterinnen wird zu wenig beachtet, zu wenig Frauen finden sich in Führungspositionen kultureller Einrichtungen.“ Um diesen Zustand zu verändern, bedarf es der Selbstorganisierung von kunst- und kulturschaffenden Frauen in einem gemeinsamen Kampf um gleiche Rechte und Möglichkeiten. Der Impuls für eine solche österreichweite Vernetzung kam 2004 von Fiftitu%, der Vernetzungsstelle von Frauen in Kunst und Kultur in Oberösterreich.

Auftakt war nicht erst das erste Vernetzungstreffen im Juni 2004 in Linz, sondern der Austausch von Künstlerinnen und Kulturarbeiterinnen bei der Vorbereitung dieses Arbeitstreffens. Der erste inhaltliche Plan bestand darin, einen Forderungskatalog zu entwickeln, der auf den Kontext von Frauen im Kunst- und Kulturbereich fokussiert. Inputs dazu sammelten die Initiatorinnen in den Wochen vor dem Treffen. Beim Treffen selbst stand dann die Entwicklung und Verabschiedung des Forderungspapiers auf der Agenda.

Zentrale Elemente des Forderungskatalogs sind: Aktive Gleichstellungspolitik und die Verwirklichung von konkreten Maßnahmen; Verbesserung der berufsspezifischen Rahmenbedingungen für kunst- und kulturschaffende Frauen insbesondere in den Bereichen soziale Absicherung sowie Aus- und Weiterbildung; Umsetzung des von über 600.000 Personen unterzeichneten Frauenvolksbegehrens. Das erarbeitete Papier versteht sich letztlich als (kulturpolitische) Ergänzung zu bestehenden feministischen und antirassistischen Positionen.

„Ziel der Kulturpolitik muss die Herstellung von Symmetrie in allen Bereichen und auf allen Ebenen des künstlerischen und kulturellen Lebens sein. Dazu gehört die Beseitigung von Diskriminierungen aufgrund des Geschlechtes, der sexuellen Orientierung, der sozialen und nationalen Herkunft, der Konfession und individueller Beeinträchtigungen“, heißt es in der Präambel. Daran knüpfen Forderungen zu verschiedenen Aspekten an:

Förderpolitik

Es geht (auch) ums Geld – darum, wer es erhält und wer darüber entscheidet. Abgesehen von geschlechter-paritätischer Besetzung aller Entscheidungsgremien fordert die Bundesvernetzung die Entwicklung von Richtlinien für die Vergabe von Kulturfördermitteln in Zusammenarbeit mit Frauennetzwerken und kulturellen Interessenvertretungen. Fördergelder sollen grundsätzlich an Gender-Kriterien gebunden sein und Effekte dieser Maßnahme regelmäßig erfasst und offen gelegt werden. Für Kultureinrichtungen der öffentlichen Hand sollen darüber hinaus besondere Vorgaben gelten: Gender-gerechtes Management und mindestens 50% der Führungspositionen für Frauen, sowohl im künstlerischen wie im organisatorischen Bereich.

Arbeitsbedingungen

Während die Prekarisierung der Arbeits- und Lebensverhältnisse zügig voranschreitet und zunehmend auch die weiße männliche Mittelschicht erreicht, sind nicht existenzsichernde Erwerbsarbeit und mangelnde soziale Absicherung sowohl für Kunst- und Kulturschaffende als auch für Frauen im Allgemeinen altbekannte Lebensrealitäten. 33% der Künstlerinnen in Österreich müssen trotz üblicherweise hoher Qualifikation (47% Akademikerinnen) mit einem monatlichen Nettoeinkommen unter 720 Euro auskommen. Die Bundesvernetzung kunst- und kulturschaffender Frauen fordert deshalb Maßnahmen zur Existenzsicherung und als ersten Schritt die Einbeziehung aller so genannten atypischen Beschäftigungsformen in die Arbeitslosen-, Kranken- und Pensionsversicherung.

Vernetzung

„Die Schaffung von Netzwerken ist notwendig, um eine Symmetrie der Geschlechter Wirklichkeit werden zu lassen. Vernetzung verleiht der kulturpolitischen Arbeit von Frauen das nötige Gewicht, ermöglicht Ermächtigung und Austausch unter kulturschaffenden Frauen und gleicht bislang fehlende Serviceleistungen, fehlende Informationen und eine fehlende Interessenvertretung aus.“ Um das erforderliche Lobbying für Frauen in Kunst und Kultur kontinuierlich gewährleisten zu können, fordert die Bundesvernetzung daher auch die offensive Unterstützung für Vernetzungsaktivitäten.

Eine solche kontinuierliche Strukturförderung gibt es für die Bundesvernetzung von Frauen in Kunst und Kultur bis heute nicht. Gemeinsame Arbeit und jährliche Treffen (2005 in Salzburg, 2006 in Feldkirch) des dezentral organisierten Netzwerks finden bislang unter prekären Umständen statt. Der von etwa 60 Organisationen unterzeichnete Forderungskatalog ist im Volltext nachzulesen unter www.frauenkultur.at.


Daniela Koweindl ist kulturpolitische Sprecherin der IG Bildende Kunst



Links

www.fiftitu.at
www.frauenkultur.at