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Artikel 7 – Unser Recht!: Schaden für die Reputation des ORF!

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(Bericht vom 13.02.06) Eine Diskussion um Zensur und den Umgang mit Geschichte und Gegenwart

„Wir müssen in die Offensive gehen und Gegenöffentlichkeiten schaffen!“ Mit einem eindringlichen Appell der Filmemacherin Ruth Beckermann endete am Sonntag, 12. Februar 2006, eine Diskussionsveranstaltung des Kulturrat Österreich zum Thema: „Wie viel Objektivität verträgt der ORF?“. Ein bis in die letzten Reihen gefülltes Filmcasino bestätigte das große Interesse, das schon Ende vergangenen Jahres nach dem Absetzen des Films „Artikel 7 – Unser Recht!“ aus dem ORF-Programm in zahlreichen Protesten seinen Ausdruck gefunden hatte.

Zuzana Brejcha, Fritz Hausjell, Martina Theininger, Eva Simmler, Mirko Messner, Ruth Beckermann (Podium v.l.n.r.)

Dokumentarfilmerin Eva Simmler hatte gemeinsam mit Thomas Korschil die Nicht-Erfüllung des Staatsvertrages an Hand der Missachtung von Minderheitenrechten in Kärnten aufgezeigt. Plötzlich entschied die öffentlich-rechtliche TV-Anstalt, dass das Ergebnis nicht dem Objektivitätsgebot entspreche. „Das ist völlig absurd“, erklärte Simmler, „denn der ORF hat die Entstehung im Rahmen des Film-Fernseh-Abkommens redaktionell begleitet und letztlich sogar abgenommen!“

Für Zuzana Brejcha, Filmemacherin und Kulturrat-Vorstandsmitglied, ist dieser Vorfall ein neuerlicher Höhepunkt einer schleichenden Entwicklung im ORF, in der es schon oft zu politischen Interventionen und Eingriffen in die künstlerische Arbeit gekommen ist. Ihr Fazit: „Man muss bereits ganz deutlich von Zensur sprechen! Es steht zu befürchten, dass der zunehmenden Einschüchterung nun aus Sorge um die Auftragslage auch eine gefährliche Form der Selbstzensur unter den Produzierenden folgt.“

Eva Simmler, Mirko Messner, Ruth Beckermann (Podium v.l.n.r.)

Mirko Messner vom „Zentralverband slowenischer Organisationen“ (Zveza slovenskih organizacij) verwies auf einen größeren Zusammenhang. „Minderheiten werden im ORF gezeigt, wenn es um Konflikte geht. Sie werden folklorisiert und marginalisiert.“ Daraus erkläre sich auch die Ablehnung durch den ORF. „Der Film beweist Haltung und beschreibt die slowenische Volksgruppe differenziert. Er eröffnet die dunklen Räume der Zeitgeschichte und beleuchtet zugleich die Gegenwart!“

Der Kommunikationswissenschafter Fritz Hausjell bekräftigte die Kritik und bezeichnete die Vorgehensweise des ORF als „unprofessionellen Betriebsunfall“, der vor allem der öffentlich-rechtlichen Reputation keinen guten Dienst erwiesen habe. „Gerade angesichts des aktuellen Ortstafelstreits könnte der ORF mit diesem Film gegenüber der privaten Konkurrenz Flagge zeigen und das Informationsangebot mit begleitenden Diskussionen abrunden. Er hätte jedenfalls keinen Grund, sich derart zu fürchten!“

Zuzana Brejcha, Fritz Hausjell, Martina Theininger (Podium v.l.n.r.)

Ruth Beckermann betonte in ihrem Statement, dass der Umgang mit dem Film „Artikel 7 – Unser Recht!“ auch als eine Konsequenz der Regierungsbildung von ÖVP und FPÖ im Jahr 2000 zu sehen ist. Ganz allgemein konstatiert die Filmemacherin eine „Gefahr für den Dokumentarfilm“, der durch eine europaweite Politik unter dem Deckmantel einer angeblichen Terrorbekämpfung zunehmend in Bedrängnis gerät. „Es geht um die Machtfrage. Wir alle müssen dem gegenwärtigen Trend entgegen treten. Der vom ORF geschmähte Film bietet uns dafür eine gute Gelegenheit!“

Artikel 7 – Unser Recht!

Videos der Diskussionsveranstaltung: ctv-net.org

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