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Beschwerde gegen ORF eingereicht

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(Pressemitteilung vom 31.7.02) Die Absetzung der ORF-Sendung kunst-stücke sei gesetzeswidrig, der im ORF-Gesetz definierte Programmauftrag verletzt. RundfunkteilnehmerInnen haben eine Beschwerde beim Bundeskommunikationssenat eingereicht.

Heute Mittag (31.7.2002) hat Gerhard Ruiss beim Bundeskommunikationssenat Beschwerde eingereicht und die umfangreiche Liste der BeschwerdeunterstützerInnen persönlich abgegeben. In nur drei Tagen gelang es den InitiatorInnen die dreifache Zahl der für die Einreichung notwendigen Unterschriften zu sammeln. Die zuständigen JuristInnen der Rechtsaufsichtsbehörde haben nun innerhalb von sechs Wochen über die Beschwerde zu entscheiden.

Die Absetzung der ORF-Sendung kunst-stücke sei gesetzeswidrig, der im ORF-Gesetz definierte Programmauftrag verletzt. Vergleichbare Beschwerden aus der Vergangenheit, die als Entscheidungsgrundlage dienen könnten, gibt es nicht. Der Bundeskommunikationssenat selbst ist eine sehr junge Einrichtung und auch das herangezogene ORF-Gesetz wurde erst 2001 erlassen.


Statement des InitiatorInnenteams

Gründe, die zur Beschwerde über die Abschaffung der Sendung kunst-stücke an den Bundeskommunikationssenat geführt haben:

ORF – Der Kulturschlankmacher

Es entbehrt nicht einer gewissen Arroganz, eine Sendung, die einem genau bestimmten Zweck im Programm und im Rundfunkauftrag des ORF gewidmet ist, von einem fixen Sendeplatz mit einer fixen Sendezeit, auf die gesamte Sendefläche verteilt, auf unbestimmte Sendezeiten und Sendeplätze zu verlegen. Diese Arroganz besteht vor allem denjenigen Seherinnen und Sehern gegenüber, die außerhalb von Metropolen wohnen und das Kulturangebot von Metropolen nur punktuell wahrnehmen können. Und sie besteht darin, dass damit für Kulturinteressierte Seherzwänge geschaffen werden, denn in praktisch allen auch nur irgendwie geeigneten Sendungen können Kulturbeiträge auftauchen. Dieses Konzept der Verteilung auf die gesamte Sendefläche erinnert an Gewinnspiele zwischen Werbeblöcken, um zu sichern, dass die ausgestrahlte Werbung von den Seherinnen und Sehern auch konsumiert wird.

Fest steht für den Beschwerdeführer und die Mitunterzeichner/innen der Beschwerde: der ORF erfüllt seinen Bildungs- und Kulturauftrag nicht. Er erfüllt ihn schon länger nicht, und er erfüllt ihn insbesondere auf der Grundlage des neuen ORF-Gesetzes und der verfügten Abschaffung der Sendung kunst-stücke ganz eindeutig nicht. Nach der Abschaffung der Sendung kunst-stücke bleiben ganze 2 von 336 wöchentlichen Sendestunden für ständige Kultursendungen über. In Prozenten ausgedrückt beträgt der nach der Abschaffung der kunst-stücke wöchentlich ausgestrahlte Sendanteil von ständigen Kultursendungen 0,5 Prozent.

Folgende ständige Kultursendungen, die im ORF früher einmal bestanden haben oder in den Programmen des ORF nie Fuß gefasst haben, fehlen (inkl. der Abschaffung der kunst-stücke (ORF, FS 1 und FS 2):

  • Ein Filmmagazin
  • Eine Büchersendung
  • Ein Galerienrundblick
  • Eine Kultursendung mit experimentellen Sendeinhalten
  • Fernsehspiele
  • Kulturelle Schwerpunktprogramme
  • Ein Musikmagazin (Klassik und Pop)
  • Eine Architektursendung

Anstelle solcher Sendungen werden Infospots und Videoclips sowie durch alle Sender geschleuste Magazinbeiträge angeboten, Kunstdiskurse im Plaudertaschenton abgehalten und wird ein einziges für Alles-und-Jeden-Kulturmagazin statt klar strukturierter und akzentuierter Kunst- und Kulturprogramme gezeigt. Der Umgang mit Künstlern und ihrer Arbeit in solchen Beiträgen ist restlos vernichtend. So werden Autoren, die ein neues Buch über ein aktuelles Thema geschrieben haben, beim Zeitvertreib bzw. Freizeitvertreib gezeigt, aber weder der Titel ihres Buches noch der Verlag, in dem es erschienen ist, erwähnt. D.h. der ORF will auch in Hinkunft nicht auf originelle Beiträge, die auch von Künstlern kommen können, verzichten. Vielleicht ist ja der eine oder andere unter ihnen etwas ordinärer oder zumindest exaltierter als andere im öffentlichen Leben stehende Persönlichkeiten und macht oder sagt etwas, was jemand anderer nicht machen oder sagen würde.

Wenn dieses Argument, mit dem der ORF die Abschaffung der kunst-stücke rechtfertigt, stichhältig wäre, so dürfte es auch kein Problem sein, andere Sendungen, wie einen Inlandsreport oder einen Auslandsreport oder vielleicht sogar die Sendung „Zeit im Bild“ als eigenständige Sendungen aufzulösen und auf die Gesamtprogrammfläche verteilt zu senden.


Die Initiative zu dieser Beschwerde basiert auf einer Zusammenarbeit von: Gewerkschaft Kunst, Medien, Sport und freie Berufe; Verband österreichischer Galerien Moderner Kunst; Secession; Amour Fou Filmproduktion GmbH; Kulturpolitische Kommission. PLATTFORM DER UNABHÄNGIGEN INTERESSENSVERTRETUNGEN IM KUNST- UND KULTURBEREICH. (Dachverband Filmschaffender, IG Architektur, IG Autorinnen Autoren, IG Bildende Kunst, IG Freie Theaterarbeit, IG Kultur Österreich, konsortium.Netz.kultur, Musikergilde, Übersetzergemeinschaft, Verband Freier Radios, VOICE – Verband der Sprecher und Darsteller, Berufsvereinigung der bildenden Künstler – BV)

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