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Die Arbeitssituation von – nicht nur ! – Kunst- und Kulturschaffenden ist prekär!

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(Pressemitteilung vom 19.4.2005) Der Kulturrat Österreich fordert Rechte auf soziale Absicherung für alle! Als Sofortmaßnahme zur Verbesserung der sozialen Absicherung von Kunst- und Kulturschaffenden sind Änderungen im Künstlersozialversicherungsfondsgesetz überfällig.

Eine Studie zur sozialen Lage von Künstlerinnen brachte es auf den Punkt: 60% kommen auf eine Arbeitszeit von über 40 Stunden pro Woche (ein Fünftel der Befragten gar auf über 60 Stunden), mit der Wahrscheinlichkeit von 50:50 wird mindestens zwei Beschäftigungen gleichzeitig nachgegangen, 45% erzielen dabei ein monatliches Nettogesamteinkommen, das unter 727 Euro liegt.

Vor vier Jahren wurde der Künstlersozialversicherungsfonds eingerichtet, der einen Zuschuss zur Pensionsversicherung für KünstlerInnen ermöglicht. Dieses Zuschusssystem mit Pflichtversicherung in der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft verkennt die prekäre Arbeitssituation von Kunst- und Kulturschaffenden, ist grundsätzlich unzureichend und geprägt von (sozialen) Ausschlussmechanismen. Wer zuwenig verdient, hat nicht einmal die Möglichkeit zur Pensionsversicherung. Ausfallzeiten oder Einschränkungen in der Erwerbsarbeit durch Krankheit, Unfall, Schwangerschaft oder Kindererziehungszeiten bleiben soziales Risiko der/des Einzelnen. Eine Absicherung unabhängig von Erwerbsarbeit fehlt zu Gänze!

Der Kulturrat Österreich fordert als Sofortmaßnahme zur Verbesserung der sozialen Absicherung von Kunst- und Kulturschaffenden folgende Änderungen im Künstlersozialversicherungsfondsgesetz:

  • Aufhebung der Option, bereits geleistete Zuschüsse des Künstlersozialversicherungsfonds bei Nicht-Erreichen der Mindesteinkommensgrenze zurückzufordern.
  • Streichung der Mindesteinkommensgrenze aus künstlerischer Tätigkeit als Anspruchsvoraussetzung für einen Zuschuss aus dem Künstlersozialversicherungsfonds
  • Ausweitung der grundsätzlich Bezugsberechtigten auf Kunst- und Kulturschaffende.
  • Streichung der z.T. nach fragwürdigen Kriterien bewerteten „künstlerischen Befähigung“ als Anspruchsbegründung. Voraussetzung für eine Förderung der sozialen Absicherung darf nicht eine von außen postulierte Qualität sein, sondern die berufspezifische Arbeitsituation von Kunst- und Kulturschaffenden.
  • Ausweitung des EinzahlerInnenkreises in den Künstlersozialversicherungsfonds auf alle regelmäßigen AuftraggeberInnen von Kunst- und Kulturschaffenden sowie auf kommerzielle InfrastrukturanbieterInnen zum „Konsum“ von Kunst und Kultur (Änderungen im „Künstlersozialversicherungsfondsgesetz“ und „Kunstförderungsbeitragsgesetz“ notwendig).
  • Verpflichtende Beitragsleistung des Bundes an den Künstlersozialversicherungsfonds.
  • Ausweitung des Zuschusses auf alle Zweige der Pflichtversicherung (Unfall-, Kranken- und Pensionsversicherung statt Beschränkung auf Pensionsversicherung).
  • Angleichung der oberen Einkommensgrenze (maximale Gesamteinkünfte) an die Höchstbemessungsgrundlage.
  • Festlegung der Höhe des Zuschusses auf einen Fixbetrag für jene KünstlerInnen, deren Einkommen unter der halben Höchstbemessungsgrundlage liegt: Dieser Fixbetrag soll 50% der Versicherungsbeiträge ausmachen, die sich rechnerisch aus einem Einkommen in der Höhe der halben Höchstbeitragsgrundlage ergeben.
  • Festlegung der Höhe des Zuschusses auf 50% der Beitragsleistung für jene Künstler/innen, deren Einkommen über der halben Höchstbemessungsgrundlage liegt.

Diese Erstmaßnahmen sind umso leichter und rascher umzusetzen, als sämtliche Änderungen ausschließlich das „Künstlersozialversicherungsfondsgesetz“ und das „Kunstförderungsbeitragsgesetz“ betreffen. Beide Gesetze liegen in der Zuständigkeit eines einzigen Ressorts.

Der Kulturrat Österreich fordert darüber hinaus mindestens zwei Sitze im Kuratorium des Künstlersozialversicherungsfonds, um in diesem Organ des Künstlersozialversicherungsfonds eine Mitsprache von (InteressenvertreterInnen von) selbständig erwerbstätigen Kunst- und Kulturschaffenden zu gewährleisten.

Auch wenn alle genannten Sofortmaßnahmen umgesetzt sind, ist damit lediglich ein kleiner Schritt getan. Die Forderung nach einer weiteren Verbesserung der sozialen Absicherung von Kunst- und Kulturschaffenden bleibt auch danach bestehen. Ziel muss die Schaffung einer sozialen Absicherung sein, die die prekäre Arbeitssituation – nicht nur ! – von Kunst- und Kulturschaffenden anerkennt.

Die grundsätzliche Forderung des Kulturrat Österreich lautet daher: Recht auf soziale Absicherung für alle!