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Die Zukunft des Kulturauftrags und der Kunst im ORF

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(Pressemitteilung vom 26.9.02) Protest am letzten Sendetag der kunst-stücke gegen das katastrophale Erscheinungsbild der ORF-Fernsehprogramme

Auch massive Proteste gegen die ersatzlose Streichung seiner letzten Fernsehsendung für Kunst, der kunst-stücke, haben den ORF nicht dazu bewegen können, seine Programmplanung von Kunst- und Kultursendungen noch einmal zu überdenken. Im Gegenteil, ohne sich der Mühe weiterer fadenscheiniger Verweise auf die Verteilung der Sendeinhalte auf andere Sendungen zu bedienen, hat er am Vorabend dieser Pressekonferenz sein u.a. auch für die Aufnahme der Sendeinhalte der kunst-stücke vorgesehenes neues Jugendmagazin, „25 das Magazin“, vorgestellt, das, wie erwartet, mit Kunst nicht das Geringste zu tun hat, sondern eine Zielgruppen-Marktlücke füllt, damit auch die Jugendlichen im ORF nicht mehr länger auf „Lifestyle, Stars, Trends und Schicksale“ verzichten müssen.

Der ORF sendet zwar nach wie vor Nachrichtensendungen, Magazine, Kultursendungen und nunmehr auch wieder eine Jugendsendung, sie weisen allerdings alle dieselbe Programmphilosophie auf: „Lifestyle, Stars, Trends und Schicksale“. Ein solches Programm ist entweder das Programm eines privaten Fernsehanbieters oder das Programm eines öffentlich-rechtlichen Senders an seinem Ende. Solange es aber einen öffentlich-rechtlichen Programmauftrag gibt, werden wir nicht aufhören, diesen einzufordern.

Wir fordern daher vom ORF bzw. seinen Aufsichtsorganen:

  1. Die Wiederaufnahme oder einen sofortigen Ersatz für die eingestellte Sendung kunst-stücke (siehe Konzept Arbeitsgruppe kunst-stücke – c/o Amour Fou Filmproduktion)
  2. Die Wiederaufnahme sämtlicher Sendetypen, die in früheren ORF-Jahren für Kunst vorgesehen gewesen sind (u.a. Büchermagazin, Galerienrundblick, Apropos Film etc.)

Wir fordern von der zukünftigen österreichischen Bundesregierung:

  1. Eine Untersuchung mit Vergleichszahlen über das Sendeausmaß von der Kunst und Kultur vorbehaltenen Sendungen im ORF, in 10Jahres-Sprüngen, zurück bis zu den 70er Jahren (absolute Sendezeiten, anteilsmäßige Sendezeiten, absolute Budgets, anteilsmäßige Budgets)
  2. Die Erstellung eines Anforderungsprofils der gesetzlich angemessenen Leistungen des ORF auf dem Gebiet Kunst, Kultur und Bildung.

Wir stellen fest, dass sich der ORF auf seinem Rückzugsweg aus seinem Kultur- und Bildungsauftrag stets derselben Ausstiegsargumentation bedient: Es würde zahlreiche Kunst- und Kulturbeiträge in Nachrichtensendungen untergebracht, die Kunst käme auch in seinen zwei wöchentlichen Sendestunden für „Tipp“ und „Treffpunkt Kultur“ unter und schließlich wäre er ebenso an der 3sat-Sendung „Kulturzeit“ beteiligt. Dieses Rückzugsgefecht haben auch die österreichischen Autorinnen, Autoren und Verlage kennen gelernt, denen mit dem Verweis auf die mittlerweile ebenfalls nicht mehr existierende Sendung „Literarisches Quartett“ und den zuvor genannten der Anspruch auf eine Bücher-Sendung verwehrt wurde.

Wir stellen ausdrücklich fest, dass sich unser Befund über das katastrophale Erscheinungsbild der ORF-Fernsehprogramme nicht auf die programmgestaltenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ORF bezieht, die wir über viele Jahre hinweg in unterschiedlichsten Zusammenhängen kennen und schätzen gelernt haben. Wir können aber nicht im Geringsten erkennen, welche inhaltlichen Qualifikationen ORF-Verantwortliche zur Bewältigung ihrer Aufgabe, einen öffentlich-rechtlichen Kultur- und Bildungsauftrag zu erfüllen, mitbringen.

Da die ORF-Verantwortlichen offenbar der Meinung sind mit ihrem Kunst- und Kulturanspruch innerhalb einer österreichischen Kunst- und Kulturlandschaft bestehen zu können, fordern wir den ORF und seine Kontrollorgane dazu auf, eine Kunst- und Kulturkonferenz mit Beteiligten aus allen Kunstsparten und Kulturbereichen durchzuführen, wo der ORF seinen Kunst- und Kulturbegriff direkt unterbreiten und mit Kunstschaffenden, Kulturschaffenden, Kunst- und Kultureinrichtungen sowie Kunst- und Kulturorganisationen ausdiskutieren kann.

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