(Zeitung 2006) … oder wie eine Mogelpackung zur Farce wird. Clemens Christl
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Der Künstler-Sozialversicherungsfonds (KSVF) dient, wie NutzerInnen wissen, keineswegs als Sozialversicherung für KünstlerInnen, sondern vergibt lediglich einen Zuschuss zum Pensionsversicherungsbeitrag. KünstlerInnen dürfen immerhin Anträge stellen. Soweit zur Diskrepanz zwischen Namen und Tätigkeit einer Einrichtung, die von verantwortlicher Stelle immer noch als Erfolgsgeschichte dargestellt wird.
Die Mogelpackung
Der KSVF besteht seit 2001 und ist ein mühsam errungenes minimalistisches Kompromissmodell, das KünstlerInnen einen Zuschuss zur Pensionsversicherung gewährt, wenn sie im Jahr mehr als 3997,92 Euro (Index 2006) aus selbstständiger (künstlerischer) Arbeit und weniger als 19.621,67 Euro verdienen. Diese ohnedies eng gefassten Einkommensgrenzen gewinnen durch einen kleinen Kunstgriff noch größere Bedeutung: Bei der unteren Grenze gelten nur künstlerische Einkünfte, bei der Obergrenze gelten hingegen alle Einkünfte. Preise, Stipendien oder Ähnliches werden jedoch, wenn sie von der Einkommensteuer befreit sind, in keinem Fall eingerechnet.
Die Kriterien für Leistungen des Fonds und der angewandte Kunst- bzw. KünstlerInnenbegriff sind ebenso eng gefasst wie diskursiv überholt. Prinzipielle Anerkennung gibt es nur für jene, die ein Kunstdiplom vorweisen können. Für alle anderen existiert noch die Möglichkeit einer kommissionellen Prüfung. Die Folgen: Im ersten Jahr seines Bestehens hat der Fonds gerade einmal 3500 Personen anerkannt. Den zuletzt publizierten Daten vom Dezember 2004 zufolge waren es in diesem Jahr 5808 KünstlerInnen. Neuere Zahlen gibt es nicht, es ist jedoch davon auszugehen, dass es mehr geworden sind.
Die Farce
Das Geld für den KSVF kam ursprünglich zu einem Teil aus dem Bundesbudget und zu einem anderen aus eigens eingeführten Angaben für KabelnetzbetreiberInnen (also deren KundInnen) und Satellitenempfangsgeräte-HändlerInnen (detto). Durch die enge Beschränkung der Bezugsberechtigten hatte der Fonds bald soviel Geld angespart, dass die Regierung ihren Zuschuss von immerhin 3 Millionen Euro jährlich bereits 2003 (stillschweigend) einstellte.
Die als KSVF-KlientInnen Anerkannten sehen vom ausbezahlten Geld freilich nichts – es geht direkt an die zuständige Sozialversicherungsanstalt (die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft – SVA). Da die Anerkennung als KSVF-BezugsberechtigeR notwendigerweise mit Einkommensschätzungen (weil im Voraus) einhergeht, und der KSVF eine österreichische Institution ist, verschob sich die Tätigkeit des KSVF nach Ablauf der ersten Dreijahresdurchrechnungszeiträume nunmehr auf Kontrolle und Überprüfung der KünstlerInnen-Einkommen und in speziellen Fällen auf die Durchleuchtung der sämtlichen Vermögensverhältnisse.
Wer nichts hat, muss zahlen
Und schließlich kam es, wie es bei einer Einrichtung dieser österreichischen Art kommen musste: Rückzahlungsforderungen. Sozusagen selbstverständlich nicht nur an jene, die tatsächlich ein auch nur geringfügig höheres Einkommen hatten, sondern in Zahlen ablesbar insbesondere an jene, die ohnedies nichts verdient haben. Im Jahr 2001 lagen ca. 300 AntragstellerInnen oberhalb der festgelegten Einkommensgrenze. Etwa 600 Personen konnten kein selbstständiges künstlerisches Einkommen über 3554,57 Euro (Index 2001) erreichen, und 200 von ihnen verdienen auch gegenwärtig unterhalb der Indexgrenze. Trotzdem fordert der Fonds die Rückzahlung des Zuschusses von ihnen und verzichtet nur darauf, wenn nachgewiesen werden kann, dass das Einkommen im laufenden Jahr unter dem unpfändbaren Existenzminimum liegt. Dazu aber muss die Künstlerin/der Künstler sozusagen die Hosen herunterlassen: Der Fonds verlangt die Offenlegung der gesamten aktuellen Einkommens- und Vermögenssituation.
Das ist absurd und geht weit über das hinaus, was etwa das AMS als Grundlage für den Bezug des Arbeitslosengeldes fordert. Und es ist sicherlich nicht förderlich für die künstlerische Arbeit, sondern widerspricht dem Grundzweck des Fonds, zur sozialen Absicherung künstlerischen Schaffens beizutragen. Zudem benötigt allein die Überprüfung und Einhebung der Rückforderungen einen Verwaltungsaufwand, der in keinem Verhältnis zu etwaigen Rückzahlungen steht und das ganze Unterfangen auch in budgetärer Hinsicht von vornherein in Frage stellt.
Notwendige Sofortmaßnahmen zum KSVF (Kulturrat Österreich)
Clemens Christl lebt und arbeitet in Wien
Zusammengestellt aus Informationen und Texten von www.kulturrat.at