Der Kulturrat Österreich hat anlässlich der Beschlussfassung der Novelle des Künstlersozialversicherungsfondsgesetzes zu einer Spontankundgebung vor dem Büro der Kunstministerin Claudia Schmied aufgerufen. Denn: Die Novelle ist gescheitert, die Arbeit an der Verbesserung der sozialen Absicherung von KünstlerInnen ist nicht erledigt. Zurück an den Start, Frau Kunstministerin!
Pressemitteilung nach der Kundgebung:
Künstlersozialversicherungsfonds: Konzept von SchwarzBlau fortgesetzt
Video von der Kundgebung
von: FRED ILGER FILMPRODUKTION bzw. hier
Statements von KünstlerInnen am 11.3.2008:
Statement von Zuzana Brejcha
Frau Ministerin, sorgen Sie für die soziale Absicherung der KünstlerInnen!
Im Jahr 1982 hat der damalige Sozialminister Alfred Dallinger eine umfassende Künstlersozialversicherung angedacht. Ab 1996, also 14 Jahre später, wurde dann mit der SPÖ ein Modell verhandelt. Als zum Jahresende 2000 das Künstlersozialversicherungsfondsgesetz beschlossen wurde, handelte es sich nur noch um eine Minimalvariante – um einen Zuschuss zum Pensionsversicherungsbeitrag für selbständig erwerbstätige KünstlerInnen.
Die SPÖ war zu dieser Zeit in Opposition und hat sich der Kritik und den Forderungen des Kulturrat Österreich angeschlossen, sie sogar zu ihren eigenen gemacht: das wäre allem voran die Abschaffung der künstlerischen Mindesteinkommensgrenze als Zuschussvoraussetzung (so genannte Untergrenze). Bei Nicht-Erreichen dieser Untergrenze muss der ganze Zuschuss zurückgezahlt werden, unabhängig von der sozialen Lage der KünstlerInnen.
Als ab 2005 massive Rückzahlungsforderungen an letztlich mehr als 1300 KünstlerInnen ausgeschickt wurden, die diese Untergrenze trotz künstlerischer Tätigkeit und bestehender Sozialversicherung NICHT ERREICHT haben, gab es zu diesem Thema sogar eine parlamentarische Anfrage der SPÖ. Bei ihrem Amtsantritt sprach sich Bundesministerin Claudia Schmied für einen Stopp der Rückzahlungen und für einen Wegfall der Untergrenze aus. Ein Jahr später wird jedoch gerade in diesem Moment im Parlament eine Novelle des Fondsgesetzes beschlossen:
Die Untergrenze bleibt.
KünstlerInnen werden zu BittstellerInnen.
Von der ÖVP war nichts anderes zu erwarten. Aber auch die SPÖ hat ihre Versprechen nicht gehalten.
Dabei zahlt seit 2003 der Bund nichts mehr in den Fonds ein, die SteuerzahlerInnen werden nicht zur Kasse gebeten, die Zuschüsse finanzieren sich KünstlerInnen durch ihre künstlerische Tätigkeit sozusagen alleine. (Die Einnahmen des Fonds kommen aus Abgaben aus dem Verkauf und der Vermietung von Satellitenanlagen sowie von Kabelbetreibern – also Unternehmen, die künstlerische Tätigkeit verwerten bzw. die Infrastruktur zum „Konsum“ von u.a. künstlerischer Arbeit anbieten.)
Der Fonds hat dabei mittlerweile mehr als 11 Millionen Euro an Reserven, das sind mehr als 150 Millionen Schilling.
Der Kulturrat fordert:
Frau Ministerin, halten Sie Iihre Versprechen und sorgen Sie für die soziale Absicherung der KünstlerInnen! Geben Sie den KünstlerInnen durch ein besseres Gesetz mehr soziale Sicherheit und ihr Geld, das sie erwirtschaften, zurück!
Zuzana Brejcha (Filmschaffende, Vorstandsmitglied Kulturrat Österreich)
Statement von Petja Dimitrova
Was ist der Job einer Kunstministerin?
Der Job einer Kunstministerin ist es, die Interessen der KünstlerInnen zu vertreten. Claudia Schmied hat dies nicht getan, sondern den Weg des geringsten Widerstands in der Koalition mit der ÖVP gewählt. So sieht jedenfalls das Ergebnis der Novelle des Künstlersozialversicherungsfondsgesetzes aus, auf das wir über ein Jahr warten mussten. (Um dann festzustellen das kaum eine Veränderung im Vergleich zur alten Fassung besteht.) Heute wird das Gesetz im Parlament beschlossen, und keine einzige Forderung der Interessenvertretungen ist erfüllt.
Die Interessen der KünstlerInnen kann die Kunstministerin nur kennen(lernen), wenn sie sich mit KünstlerInnen trifft. Aber das tut sie nicht. In der IG Bildende Kunst haben wir bis heute keinen Gesprächstermin bekommen. Nicht ein einziges Mal haben wir Antworten auf unsere Emails und Briefe erhalten – sei es auf Fragen zur sozialen Absicherung oder anderen dringenden Problemen von KünstlerInnen (wie zB. die Abschaffung der Niederlassungsbewilligung für KünstlerInnen).
Beides sind Ausschlussmechanismen. Das Fremdenrecht schließt KünstlerInnen ohne EU-Pass von einem Leben in aus Österreich aus. Der Künstlersozialversicherungsfonds schließt KünstlerInnen aus, die der gesetzlichen Definition von KünstlerInnen nicht entsprechen oder, weil sie nicht das richtige Einkommen haben.
Die Frage ist aber: Für wie viele KünstlerInnen bringt dieser Fonds überhaupt etwas? Der Fonds ist ein Mini-Ansatz, um die soziale Absicherung von KünstlerInnen finanziell zu erleichtern. Wir alle wissen wie sehr Prekarisierung in die Gesellschaft eingreift, nicht nur KünstlerInnen leben und arbeiten prekär. Und KünstlerInnen sind nicht ausschließlich als KünstlerInnen tätig. Insofern Kann auch so ein Künstlersozialversicherungsfonds nicht funktionieren. Er ist maximal ein Tropfen auf den heißen Stein (für einige wenige), nicht mehr als das.
Und selbst für diesen Mini-Zuschuss müssen KünstlerInnen dann auch noch „betteln“ um einen Zuschuss zu erhalten. Oder mit Bettelbriefen antworten, wenn der Fonds Rückzahlungen verlangt. Denn der Fonds darf dann eventuell auf Rückzahlungen verzichten. – Eine klare Prekarisierung und Erniedrigung.
Nicht einmal bei so einem lächerlichen Zuschuss-Instrument wie dem Künstlersozialversicherungsfonds hat es Kunstministerin Claudia Schmied geschafft, eine vernünftige Problemlösung durchzusetzen. Die Versprechungen von Claudia Schmied, die sie zu ihrem Amtsantritt gemacht hat, waren nicht mehr als heiße Luft. Eine Handschrift einer SPÖ-Kunstministerin ist nicht zu erkennen. Die konservativen Konzepte von SchwarzBlau werden unreflektiert fortgesetzt, anstatt sie endlich grundsätzlich über den Haufen zu werfen.
Der Job, die soziale Absicherung von Kunst- und Kulturschaffenden zu verbessern, ist weiterhin unerledigt.
Dazu lässt sich (abschließend) nur eines sagen: Zurück an den Start, Frau pseudo-sozialdemokratische Kunstministerin! Es gibt noch viel Grundsätzliches zu tun!
Petja Dimitrova (Bildende Künstlerin, Vorstandsmitglied IG Bildende Kunst)
Statement von Andrea Maria Dusl
Ein Staat, der die Kunst nicht beschützt, ist ein dummer Staat.
Ein Staat, der die Künstler nicht beschützt, ist ein armer Staat.
Ein armer Staat ist ein gefährlicher Staat.
Andrea Maria Dusl (Filmemacherin)