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Neues AMS-Debakel für geringfügig Beschäftigte

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(Pressemitteilung vom 26.4.2024) Startschuss für Rückforderungswelle

Arbeitsministerium nutzt wichtige VfGH-Entscheidung für Verschärfungen – rechtswidrig, aber in Kraft

Praktische Informationen (Stand 26.4.2024)

Mehrfach geringfügig Beschäftigte haben seit Jahren keinen Zugang mehr zur Arbeitslosenversicherung. Vor über einem Jahr hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) entschieden, dass dies rechtswidrig ist und eine großzügige Reparaturfrist bis 31.3.2024 gesetzt. Die Entscheidung enthielt eine kleine Korrektur im Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) und die Feststellung, dass zur praktischen Anwendung gesetzliche Regelungen zu treffen sein werden. Das ist nicht passiert.

Mehrfach geringfügig Beschäftigte, die aus diesen Beschäftigungen in einem Kalendermonat insgesamt mehr als die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (aktuell: 518,44 Euro) verdienen, sind seit 1.4.2024 auch arbeitslosenversichert. Das Arbeitsministerium hat dazu eine Durchführungsweisung an das AMS formuliert, die nicht öffentlich – und nach Einschätzung der Arbeiter_innenkammer (AK) rechtswidrig – vorschreibt, wie das praktisch umzusetzen ist.

Im Kern geht es darum, dass die so Arbeitslosenversicherten immer gleich einen ganzen Kalendermonat in die Pflichtversicherung eingebunden werden sollen, unabhängig davon, wann und wie lange sie tatsächlich angestellt waren. Das hat gravierende Folgen nicht zuletzt für alle, die (berufstypisch) tageweise zwischen Beschäftigung und Arbeitslosigkeit jonglieren müssen oder neben einer durchgehenden geringfügigen Beschäftigung einem Beruf nachgehen, der in der Regel kurzfristige Anstellungen bietet. Das betrifft auch viele in Kunst und Kultur, insbesondere bei Film und Theater.

Eine rückwirkende Einbeziehung über tatsächliche Anstellungstage hinaus bedeutet auch: Personen, die dazwischen zurecht Arbeitslosengeld bezogen haben, wird dieses rückwirkend aberkannt und rückgefordert. Das ist potenziell existenzgefährdend und eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Personen, die im laufenden Monat von der Arbeitslosigkeit in ein Beschäftigungsverhältnis mit Pflichtversicherung wechseln. Das Arbeitsministerium leitet diese Vorgangsweise nicht aus dem Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) ab (was gar nicht möglich ist!), sondern hat nun nicht nachvollziehbar festgelegt, welche Paragraphen noch gelten sollen und welche eingeschränkt oder gar nicht zur Anwendung kommen.

Die Durchführungsweisung ist nicht öffentlich, nur individuell in den Rechtsfolgen angreifbar und enthält gravierende Verschlechterungen für mehrfach geringfügig Beschäftigte. Die Rechtsauslegung des Arbeitsministeriums ist zudem für Betroffene nicht nachvollziehbar. Informationen dazu fehlen noch völlig.

Diese Weisung ist zurückzunehmen! Zudem braucht es dringend eine nachvollziehbare Information für die Betroffenen und eine Veröffentlichung aller rechtlichen Grundlagen. Wir fordern eine der VfGH-Entscheidung angemessene gesetzliche Lösung, die mehrfach geringfügig Beschäftigte mit Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze ohne weitere Benachteiligung in die Arbeitslosenversicherung einbezieht. Wir fordern eine Gleichstellung der hier Betroffenen mit allen anderen Arbeitslosenversicherten.

Der Kulturrat Österreich, Interessenvertretungen in Kunst und Kultur wie auch die Arbeiter_innenkammer (AK) setzen sich seit Jahren für eine faire Lösung ein, um den Ausschluss von mehrfach geringfügig Beschäftigten aus dem Gesamtpaket der sozialen Absicherung zu beenden. Die VfGH-Entscheidung war ein bedeutender Meilenstein auf diesem Weg. Die nun vorliegende Durchführungsweisung aus dem Arbeitsministerium ist ein Affront gegenüber den Betroffenen – und klar rechtswidrig.

Update 26.4.24. Unterstützung aus der SPÖ: Kultursprecherin Heinisch-Hosek unterstützt Forderungen des Kulturrat

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