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Redebeitrag Georg Baldass

  • von

(16.10.03, Redebeitrag für die IG Architektur)

Wenn in Österreich ein zufriedener Bauherr stolz sein soeben fertig gestelltes Haus veröffentlicht, zum Beispiel um seinen Lebensstil zu repräsentieren, um Käufer oder Mieter für Wohnungen in diesem Haus zu akquirieren oder auch, um für seine Firma zu werben, dann zwingt ihn das Urheberrecht, den Namen des Fotografen zu nennen; den Architekten verschweigt er in der Regel.

Fotografen haben im österreichischen Urheberrecht eine Ausnahmestellung – die nennt sich „Recht auf Freiheit des Straßenbildes“ –, und ich möchte auch nicht in Frage stellen, dass man sozusagen auf der Straße Fotos machen kann und nicht unbedingt recherchieren muss, wer das Haus oder die Häuser, die man fotografiert, gebaut hat.

Das gilt aber grundsätzlich nicht – oder sollte grundsätzlich nicht gelten –, wenn das fotografierte Gebäude Objekt für wirtschaftlichen Gewinn ist, zum Beispiel Vermarktung von Postkarten. Es gibt da ein Beispiel, das wahrscheinlich alle kennen: die Vermarktung der Fotografien von den Hundertwasser-Häusern.

Es gibt zwar das Recht auf Namensnennung bei jeder Veröffentlichung eines urheberrechtlich geschützten Objektes, bei Bauwerken ist allerdings davon auszugehen, dass das Objekt ein Werk der Baukunst ist, was nur bei Denkmälern grundsätzlich immer gesichert ist. Diesem steht jedoch eben dieses Recht auf Freiheit des Straßenbildes entgegen. Da ist der Architekt schon auf Grund der Gesetzgebung in einer schwachen Position, da der Nachweis, dass ein Werk der Baukunst geschaffen wurde, bei jungen Bauwerken letztlich nur im Zuge eines Rechtsstreites geführt werden kann.

Das ist eben gerade ein prominentes Beispiel dafür: das Hundertwasser-Haus im 3. Bezirk, wo Architekt Josef Krawina in einem Rechtsstreit sozusagen erkämpfen musste, dass er Mit-Urheber ist. Es ging hier sogar so weit, dass gar nicht in Frage gestellt war, dass es sich hier um ein Werk handelt, das einen Urheber hat, sondern es musste sich der Architekt hier das Recht erstreiten, als Mit-Urheber genannt zu werden. Erschwerend wirkt da die öffentliche Meinung. Die öffentliche Meinung geht grundsätzlich davon aus, dass ein Bauwerk nur in Ausnahmefällen ein Baukunstwerk ist. Es ist uns schon bewusst, dass sehr viele Bausünden passieren, aber andererseits lehnt das gesunde Geschmacksempfinden sehr schnell ungewohnte, neue Bilder in der Stadt, im Stadtgefüge ab.

Ich kenne nicht die Unterschiede in der Gesetzgebung zwischen dem holländischen und dem österreichischen Urheberrecht, aber ich bin mit holländischen Architekten befreundet und habe erfahren, dass es da ganz gravierende Unterschiede in der Auffassung gegenüber einem Bauwerk gibt. Wenn in Holland ein bestehendes Bauwerk umgebaut wird, dann ist es ganz selbstverständlich, dass der Bauherr beziehungsweise der Architekt zum Urheber, dem ursprünglichen Architekten, geht und mit ihm bespricht, was man unter Umständen umbauen darf. Das ist in Österreich nicht der Fall. Es gibt dazu ein aktuelles Beispiel: Die Wiener Stadthalle baut immer wieder um, und man hat sich jetzt wieder an die Architektenkammer gewandt und gefragt, ob man, wenn man dort jetzt etwas umbaut, Roland Rainer fragen müsse. Also nicht einmal dieser Name bürgt dafür, dass es selbstverständlich ist, dass man hier den Urheber fragt. Es ist also viel schwieriger, den Urheber bei einem Bauwerk festzustellen. Es ist selbstverständlich, wenn ich ein Bild oder eine Skulptur sehe, dass diese Skulptur einen Urheber hat. Egal, ob jetzt jemand behauptet, das ist Kunst oder nicht Kunst, es hat einen Urheber. Bei einem Bauwerk ist das nicht so selbstverständlich.

Ich glaube daher, dass es ein berechtigtes Anliegen der Architekten ist, den Gesetzgeber zu drängen, das Urheberrecht im Baugeschehen zu stärken und damit auch der gesellschaftlichen Entwicklung Rechnung zu tragen, in der zeitgemäße Architektur zunehmend an Bedeutung gewinnt. Dieses Anliegen zielt nicht nur auf eine Besserstellung der Architekten, sondern auch auf eine höhere Wertschätzung für Architektur ab. Ziel wäre es, sowohl im Gesetzestext als auch in den Durchführungsverordnungen die Vermutung, dass ein Bauwerk ein Baukunstwerk ist, zu stärken und den Widerspruch zwischen dem Recht auf Namensnennung und dem Recht auf Freiheit des Straßenbildes zugunsten des geschaffenen Baukunstwerkes abzuschwächen.