(16.10.03, Redebeitrag für die IG Autorinnen Autoren)
Ich begrüße den abwesenden Bundesminister für Justiz und den abwesenden Staatssekretär für Kunst. Ich danke allen Abgeordneten, die sich für die Standpunkte der Künstlerinnen und Künstler interessieren.
Was garantiert das österreichische Urheberrechtsgesetz Künstlern? – Im Wesentlichen, dass sie uneingeschränkt über ihre Rechte verfügen, solange sie keine vertraglichen Vereinbarungen eingehen, mit denen sie jedes Recht an ihrem Werk abtreten. Das österreichische Urheberrechtsgesetz gibt, ausgenommen Rechterückfalls-Bestimmungen, vertragsrechtlich überhaupt nichts vor. Gilt etwas nicht als sittenwidrig im Sinne des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches, wie etwa das Ausnützen von Verstandesschwäche und von Zwangslagen oder ein auffallendes Missverhältnis zwischen finanziellem Aufwand und Leistung, kann es im beiderseitigen Einvernehmen vereinbart werden.
Auf dieser Grundlage und auch auf der der rechtlich wesentlich besseren Voraussetzungen für künstlerisches Arbeiten in Deutschland hat sich ein publizistischer Graubereich entwickelt, an dem sich selbst größte Verlagshäuser mit Ablegern beteiligen, der zu keinem anderen Zweck besteht, als gegen Bezahlung durch die Urheber zu publizieren.
Jenseits dieser Schattenwirtschaft, die Rechte seriöser Verlage für sich in Anspruch nehmen kann, nicht aber deren Pflichten einhält, beginnt ein breites Spektrum an Vertragspraktiken, die wohl in keinem einzigen anderen Arbeits- oder Produktionsbereich Akzeptanz finden würden. So kann beispielsweise von freien Vertragsvereinbarungen mit dem ORF keine Rede sein, wenn der ORF in 99 Prozent der Fälle seine Urheberverträge erst nach der Fertigstellung und Sendung einer Produktion vorlegt. So hat es dem ORF auch keine Schwierigkeiten bereitet, Ende des vorigen Jahres die Hörspielhonorare durch seinen Verzicht auf die Werkrechte zu halbieren. Das heißt, der ORF verzichtet seither auf die Werkverwendungsrechte, aber er produziert und sendet die um das halbe Honorar eingekauften Werke trotzdem!
Selbständige Künstler sind weder in Gewerkschaften noch in Kammern organisiert. Sie verfügen daher weder über Möglichkeiten, wie sie Kollektiv- oder Gesamtverträge bieten, noch können sie auf entsprechende gesetzliche Regelungen im Urheberrechtsgesetz zurückgreifen.
Damit sich das ändert, sollten zum ersten Mal in der österreichischen Urheberrechtsgeschichte Ende des Vorjahres einige erste urhebervertragsrechtliche Bestimmungen gesetzlich verankert werden. Leider ist das, wie wir im Anschluss daran gehört haben, hauptsächlich am Widerstand der immerhin privatwirtschaftlichen Produzenten und Verlage, aber auch am Widerstand des öffentlich-rechtlichen ORF gescheitert, der offenbar nicht nur keinen Kulturauftrag, sondern auch ein besonderes Interesse an der Rechtlosigkeit von Künstlern haben dürfte.
Dieses Trauerspiel soll sich – das entnehmen die Autoren jedenfalls der Einladung zu dieser parlamentarischen Enquete – nicht noch einmal wiederholen. Das geht am besten so, dass alles bereits im Entwurf der letzten Urheberrechtsgesetz-Novelle Enthaltene umgehend in einer nächsten Urheberrechtsgesetz-Novelle beschlossen wird.
Ich danke dafür, dass ich im Namen der österreichischen Schriftsteller ungefähr dreimal so lange reden durfte, wie beispielsweise ein „ausführlicher“ Kulturbericht in einer Fernseh-Nachrichtensendung des ORF über die soeben wieder zu Ende gegangene größte Buchmesse der Welt, die Frankfurter Buchmesse, dauert.