(Pressemitteilung vom 7.2.2013)
Kulturrat Österreich fordert fundamentale Änderung im Umgang mit Flüchtlingen
Nein zur Abschiebung von Protestierenden!
In Österreich, Deutschland, Holland, Frankreich und weiteren Ländern tragen Flüchtlinge seit Monaten ihren Protest auf die Straße, in die Kirchen. Parallel dazu steigt die Solidarität mit den Flüchtlingen überall dort, wo Menschen unmittelbar mit Situationen irrationalen FremdenUNrechts konfrontiert sind: bei der amtlichen Verweigerung des Bleiberechts für langjährige GemeindebürgerInnen ebenso wie in Lampedusa, wo die lokalen Friedhöfe erneut erweitert werden müssten, um jene Menschen zu bestatten, die es nicht lebendig nach Europa geschafft haben.
Besetzung der Votivkirche
Am 24.11. beginnen in Österreich Proteste der Flüchtlinge mit einem Fußmarsch von Traiskirchen nach Wien. Das noch am gleichen Tag eingerichtete Protestcamp im Sigmund-Freud-Park hält bis in die Morgenstunden des 28.12., um 4 Uhr morgens wird es polizeilich zerstört. Bereits zehn Tage zuvor wurde die Votivkirche als Ort des Schutzes besetzt. Es gelingt eine breite kirchliche Solidarität. Eineinhalb Monate später hält die Besetzung weiter an. Die Politik schweigt. Die Flüchtlinge sind über Wochen im Hungerstreik. Vier Flüchtlinge werden am Rande eines Solidaritätstreffens inhaftiert, zwei von ihnen bleiben in Haft.Weiterhin zeichnet sich keinerlei politische Lösung ab – im Gegenteil. Der Staat überschreitet erneut die Grenze zur Normalität von Unmenschlichkeit: Gestern wurde einer der beiden festgenommenen Flüchtlinge abgeschoben, dem zweiten droht ebenfalls die Abschiebung. Zwei weitere kamen zuvor aufgrund ihrer gesundheitlichen Schäden durch den Hungerstreik aus der Schubhaft. Hier kommt ein fataler Kreislauf in Gang: Protest gegen die in Österreich angebotenen Lebensumstände muss auch ohne Selbstverletzung möglich sein!
Wir wenden uns aufs Schärfste gegen die Abschiebung von Menschen, für die der Protest unter Einsatz von Leib und Leben das einzige und letzte Mittel im Kampf um menschenwürdige Aufenthalts- und Bleiberechtsbestimmungen ist.
Forderungen der Flüchtlinge
Die Flüchtlinge fordern eine selbstbestimmte und freie Wahl des Aufenthaltsortes, den Zugang zu Bildungsinstitutionen, Sozialversicherung und Arbeitsmarkt, eine Grundversorgung für alle AsylwerberInnen. Weitere konkrete Forderungen, u.a. nach dem Austausch sämtlicher DolmetscherInnen im Flüchtlingslager Traiskirchen, werfen ein deutliches Licht auf die fatale Situation vor Ort wie im allgemeinen.
Der Protest und die Forderungen der Protestierenden müssen endlich ernst genommen werden. Es geht um ihr Leben und ihre Menschenwürde und es geht um eine menschenwürdige Gesellschaft in Österreich. Die Rücknahme des rechtlich wie politisch umstrittenen sog. Bartenstein-Erlasses, mit dem der ohnehin gesetzlich rigoros eingeschränkte Arbeitsmarktzugang für AsylwerberInnen weiter eingeschränkt wird, könnte ein erster symbolischer Schritt sein.
Wo bleibt die Politik?
Soziale Sicherheit kann nur für alle gelten, oder sie ist trügerisch, weil auf der Unsicherheit für die Ausgeschlossenen gebaut. Und die Rechten? Wer eine Politik gegen rechts mit der Umsetzung rechter Vorstellungen betreibt, hat schon verloren. Es ist höchst an der Zeit, diese Politik der Ausgrenzung aufzugeben!
Solidarität mit Flüchtlingen in der Votivkirche
Der Kulturrat Österreich unterstützt die Forderungen der selbstorganisierten Flüchtlinge vollinhaltlich.
Wir sind solidarisch mit dem Refugee Protest Camp Vienna – mit dem unermüdlichen Kampf der Flüchtlinge, mit der bemerkenswerten Unterstützung durch Einzelpersonen und Gruppen, mit dem Engagement von NGOs sowie mit jenen kirchlichen Einrichtungen, die dafür sorgen, dass die Votivkirche ein Ort des Schutzes bleibt. In Österreich, in Europa braucht es eine fundamentale Änderung im Umgang mit Flüchtlingen!
Refugee Protest Camp Vienna
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