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Sprachliche Segregation an der Schule?

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(Pressemitteilung vom 22.1.2013)

Kulturrat Österreich fordert: Zurück auf den Boden rationaler und humaner Entscheidungen!

Sprache ist eines der zentralen Ordnungs- und Hierarchisierungssysteme von Gesellschaften, und so wird sie aktuell im kulturpolitischen Diskurs in Österreich ohne Rücksicht auf seit Jahrzehnten vorliegende bildungspolitische Studien und Praxiserfahrungen und ohne Ansehen der Betroffenen funktionalisiert. Manche sprechen eine Sprache gut, manche pfeifen auf Orthographie, andere sehen in fehlerloser Sprachbeherrschung eine wesentliche Grundlage des Zusammenlebens. In praktisch allen Zusammenhängen jedoch gilt: Wer die sprachlichen Codes und Zeichensysteme einer Gesellschaft nicht beherrscht, ist bzw. wird ausgeschlossen.

In der aktuellen politischen Debatte wird Sprache hauptsächlich als Problem formuliert, und der Erwerb von Sprachkompetenzen in der Mehrheitssprache wird dabei als unilateraler und einzig in den Fokus genommener Lösungsweg gehandelt. Faktisch fehlt jedoch ein breitestmögliches Angebot zum Spracherwerb verbunden mit rechtlichen und sozialen Angeboten an jene, die die Sprache (noch) nicht auf einem bestimmten Niveau beherrschen. Und ebenso mangelt es an der Wertschätzung und Förderung von Kompetenzen anderer Muttersprachen – und an Möglichkeiten, diese zu erwerben.

Dahinter verbirgt sich eine mehr offensichtliche als subtil indirekte Diskriminierungsabsicht, die in dem aktuellen Vorschlag von Staatssekretär Kurz gipfelt. Im Hintergrund des kulturpolitischen Diskurses geht es darum, dass Menschen deutsch lernen sollen, die hier in der Regel nicht willkommen sind, und solche, die niemand so wirklich wahrnehmen möchte, außer eben als Problem, und genau das wird in der aktuellen Debatte über mangelnde Sprachkompetenz transportiert. So ist es kein Wunder, wenn vermeintliche Angebote nicht funktionieren.Wenn ich in Wirklichkeit eine Sprache lernen soll, um anschließend in dieser Sprache zu verstehen, dass ich nicht willkommen bin, so ist das ein Paradox – ein Unding, dass nur per Zwangsmaßnahme durchzusetzen ist.

Auf die Spitze getrieben wird diese durchsichtige Farce aktuell in Bezug auf Kinder am Beginn der Schulpflicht: Bevor Koedukation als integratives Regelsystem als Standard gesetzt wird, Fördermaßnahmen gegebenenfalls integriert werden, erkläre ich denjenigen ohne als ausreichend angesehene Sprachkompetenz des Österreichischen den gesellschaftlichen Ausschluss (per Vorschulklasse oder Extraklasse), und den anderen, dass diese auszuschließen seien, weil ihnen grundlegende Kenntnisse des Österreichisch-Seins fehlen.

Das erzeugt Segregation in einem doppelten Horizont: bei den dieser Art Ausgegrenzten ebenso wie bei denjenigen, die sich als `innen` fühlen dürfen. Damit ist aber klar, worum es nicht geht: um Problemlösung hinsichtlich der menschlichen Kommunikation, der faktischen Diversität. Es geht weder um Sachhaltigkeit noch um Erfahrungswerte oder belegte bildungspolitische Kompetenzen aus mehreren Jahrzehnten. Dafür werden Segregation und Diskriminierung zu grundlegenden Erziehungsmerkmalen in Österreich erhoben – ein Zustand, der unter allen Umständen abzulehnen ist.

  • Wir protestieren gegen den Vorschlag von Staatssekretär Kurz, Kindern beim Eintritt in die Regelschule mit Ausgrenzung zu begegnen!
  • Sprachkompetenz muss integriert in den regulären Unterricht erworben werden können und betrifft nicht nur die Mehrheitssprache!
  • Hierfür fordern wir ausreichende Maßnahmen und Mittel!
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