(28.10.04, Brief an Staatssekretär Morak)
Sehr geehrter Herr Staatssekretär,
Wir bedanken uns für die Möglichkeit, uns zum Vorschlag für das EU-Kulturprogramm „Kultur 2007“ zu äußern und nehmen dazu wie folgt Stellung:
Die Übersetzergemeinschaft begrüßt die grundsätzliche Ausrichtung dieses Programms, seine globale Orientierung und die Öffnung für alle Bereiche des künstlerischen und kulturellen Schaffens. Wir sind auch sehr einverstanden mit der expliziten Unterstützung der auf europäischer Ebene tätigen kulturellen Einrichtungen aus dem zweiten Aktionsbereich, deren wertvolle Arbeit dadurch auf eine stabilere finanzielle Basis gestellt werden kann.
In Anbetracht der finanziellen Ausstattung des Programms haben wir jedoch große Bedenken, ob die ehrgeizigen Ziele auch nur annähernd erreicht werden können. Bei einem Gesamtbudget von Euro 408 Mio. stehen, wenn man von den derzeit 25 Mitgliedern ausgeht, pro Jahr nur etwa 2,33 Mio Euro für jedes Land zur Verfügung. Selbst wenn dies durch den jeweils zu leistenden nationalen Beitrag verdoppelt wird, ist mit solchen Beträgen weder Breitenwirkung noch Nachhaltigkeit zu erzielen. Wir plädieren daher dringend dafür, sich für eine deutliche Erhöhung des Kulturbudgets einzusetzen, zumal auch der Kreis der in Frage kommenden Einreicher durch das Abgehen von definierten Sektoren, wie Literatur, Übersetzung usw., potenziell weitaus größer wird (was wir grundsätzlich positiv bewerten). Hand in Hand damit sollte auch eine Erhöhung der nationalen Kunstförderung gehen.
Als kleine Vereinigung mit einem sehr beschränkten Budget werden wir in diesem Rahmen kaum in der Lage sein, eigene Initiativen zu verwirklichen, und uns darauf beschränken müssen, allenfalls als kleiner Partner an Projekten aus anderen Ländern teilzunehmen. Insofern stellt das neue Programm für uns keine Verbesserung dar. Die Untergrenze der Gemeinschaftsförderung von Euro 60,000 für einjährige Projekte ist für uns eine unüberwindliche Hürde. Geht man davon aus, dass das Gesamtbudget von mindestens Euro 120.000 gleichmäßig auf vier Partner aufgeteilt wird (in der Regel trägt der einreichende und projektverantwortliche Partner die Hauptlast), so müssen in einem Jahr Euro 30.000 aufgebracht werden – für kleine Institutionen ist dies aus dem laufenden Budget nicht zu bewerkstelligen, andererseits sind Förderungen in dieser Höhe und in einem so kurzen Zeitraum kaum zu erreichen. Wir möchten daher anregen, die Untergrenze der EU-Förderung bei den einjährigen Kooperationsprojekten zu streichen – bei den fünfjährigen Kooperationsnetzen gibt es ebenfalls keine Untergrenze. Wünschenswert wäre auch/oder, die Dauer der Projekte auf einen Zeitraum von (je nach Bedarf des Projekts) ein bis drei Jahren auszulegen. Das erscheint uns realistischer, da dadurch a) die finanzielle Belastung und das Risiko verteilt werden können, und b) sich die Kooperationen nicht auf punktuelle Maßnahmen beschränken müssen, sondern durch längere und tiefergehende Zusammenarbeit mehr Nachhaltigkeit erreichen können. Ein größerer zeitlicher Rahmen erscheint uns vor allem für Kooperationen von Institutionen aus verschiedenen Bereichen, etwa Musik und Literatur, Theater und Übersetzung, usw. unbedingt erforderlich, da der Entwicklung und Erprobung sinnvoller Kooperationsformen ein eingehendes Kennenlernen des jeweils anderen Bereichs vorausgehen muss, um die mit dem Programm angestrebten Synergieeffekte zu erreichen.
Wir würden es sehr bedauern, wenn die vielen kleinen Initiativen, die ein sehr großes kreatives und innovatives Potenzial haben, aufgrund ihrer finanziellen Beschränkungen keinen Beitrag zur europäischen Kunst und Kultur leisten könnten. Ein wichtiger Aspekt ginge damit verloren.
Mit freundlichen Grüßen Mag. Brigitte Rapp Geschäftsführerin