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Verwertungsgesellschaftengesetz-Novelle 2016

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(Gemeinsame Stellungnahme von KünstlerInnenverbänden vom 2. März 2016) Lob für Verbesserung von Transparenz und Mitbestimmung innerhalb der Verwertungsgesellschaften, Irritation über weitgehende Bestimmungen zu Aussentransparenz. Scharfe Kritik an Verweigerung eines Arbeitsprozesses in der Gesetzwerdung.

Gemeinsame Stellungnahme der KünstlerInnenverbände zum Entwurf des Verwertungsgesellschaftengesetzes (Verwertungsgesellschaftengesetz 2016 – VerwGesG 2016)

Wien, am 2. März 2016

Vorbemerkung

Die unterzeichnenden Verbände begrüßen grundsätzlich die Neufassung des Verwertungsgesellschaftengesetzes und dessen erklärte Zielsetzung, die Transparenz innerhalb der Verwertungsgesellschaften zu erhöhen. Fraglich ist jedoch, ob die umfangreichen Berichtspflichten gegenüber anderen Verwertungsgesellschaften und der Öffentlichkeit nicht bloß zu einem extrem erhöhten Verwaltungsaufwand ohne zusätzlichen Informationswert führen werden, der zu Lasten der UrheberInnen geht, da er ihnen von ihren Einnahmen abgezogen wird. Wir gehen – wie im Vorblatt angegeben – von annähernd 1 Million Euro zusätzlichen Ausgaben für die Umstellung bei deutlich steigenden laufenden Kosten aus. Dass die Folgekosten 3.000 Euro nicht überschreiten werden, wird von allen ExpertInnen bezweifelt.

Befremdet sind wir über die zum wiederholten Mal geübte Praxis, die Betroffenen im Vorfeld nicht in die Überlegungen, die dem Gesetzesentwurf vorausgegangen sind, einzubeziehen. Die Verwertungsgesellschaften-Richtlinie wurde bereits vor zwei Jahren erlassen und versendet. Wir haben in der Vergangenheit immer wieder vorgeschlagen, Arbeitsgruppen zu bilden, die den jeweiligen Gesetzwerdungsprozess begleiten, und sind überzeugt, dass auf diese Weise – auch zum Vorteil für den Gesetzgeber – viele Unklarheiten bereits zu einem frühen Zeitpunkt ausgeräumt werden könnten. So sind wir einmal mehr mit einer sehr kurzen Begutachtungsfrist konfrontiert, die es uns unmöglich macht, alle relevanten Punkte mit der erforderlichen Gründlichkeit auf ihre Eignung zu untersuchen und unter den Verbänden der UrheberInnen abzustimmen. Wir verweisen daher auch auf die Stellungnahmen wichtiger ExpertInnen und auf jene der Verwertungs­gesellschaften, die sich eingehender einzelnen Themen­gebieten widmen werden, die für die UrheberInnen ebenfalls von großer Bedeutung sind.

Unverständlich ist uns, dass sich nirgendwo ein Hinweis auf den besonderen kulturpolitischen Stellenwert von Verwertungsgesellschaften findet. Es entsteht vielmehr der Eindruck, die Verwertungsgesellschaften sollen in ihren Handlungsspielräumen maximal eingeschränkt und zu Kontrolleinrichtungen der NutzerInnen und der Zahlungspflichtigen gemacht werden.

Monopolgrundsatz

Die Verankerung des Monopolgrundsatzes wird von uns begrüßt und wir schließen uns den Ausführungen in den Erläuterungen an. Die Beibehaltung der Monopolstellung der Verwertungsgesellschaften trägt dafür Sorge, dass Dumping bei Lizenzgebühren verhindert werden kann. Ebenso sind wir der Meinung, dass es eine ausreichende Zahl von Verwertungsgesellschaften gibt.

Gemeinsames Repertoire

Wir sprechen uns für eine gemeinsame Wahrnehmung von Rechten im analogen und im digitalen Bereich aus, wie sie der Verwertungsrealität entspricht. Es bestehen keine ausschließlichen Verwertungen von Werken nur in analoger oder digitaler Form, in Form von Veranstaltungen und Aufführungen oder in medialer Form.

Mitgliedschaft und Unternehmensverfassung

Die verbesserten Möglichkeiten der Einbindung der Bezugsberechtigten bzw. Mitglieder wird von den Verbänden positiv beurteilt, die Aufwertung der Mitgliederhauptversammlung durch größere Mitbestimmungs­möglichkeiten erscheint uns sinnvoll. Auch die Mitbestimmung in Verteilungsfragen gehört dazu.

Maßnahmen zur Verbesserung der Transparenz

Die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Verbesserung der Transparenz sind grundsätzlich zu begrüßen und im österr. VwGes. (Jahresabschluss, neu: Tranzparenzbericht) auch bereits zum Teil vorgesehen sowie – in unterschiedlicher Ausprägung – gängige Praxis. Inwieweit die Berichtspflichten gegenüber der Öffentlichkeit, sowohl was den damit verbundenen kostenintensiven Verwaltungsaufwand als auch datenschutzrechtliche Überlegungen betrifft, überbordend sind, sollte einer genauen neuerlichen Prüfung unterzogen werden.

Digitale Demokratie

Hier besteht unserer Meinung die Gefahr, dass der Wortlaut „Ausübung von Mitgliedschaftsrechten unter Verwendung elektronischer Kommuni­kations­mittel“ so weit verstanden wird, dass damit das simultane elektronische Wählen via Live-Streaming ermöglicht wird. Damit wäre auch die Gefahr von Störungen und Manipulationen verbunden. Es sollte zumindest in den Erläuternden Bemerkungen diesbezüglich eine Klar­stellung geben, dass simultanes elektronisches Wählen via Live-Streaming aufgrund der oben erwähnten Gefahren kein geeignetes Instrument darstellen.

Außentransparenzkosten

Die Außentransparenzkosten belasten kleinere Verwertungsgesellschaften mehr als größere. Sie werden außerdem zu 100 Prozent aus den Tantiemeneinnahmen und somit von den Bezugsberechtigten in den Verwertungsgesellschaften, den KünstlerInnen und den Rechte­inhaber­Innen selbst finanziert. Außentransparenz kann höchstens in einem Ausmaß geboten sein, in dem allgemeine öffentliche Berichtspflichten bestehen, und nicht in Form von zusätzlichen Sonderregelungen für Verwertungs­gesellschaften. Mehrkosten, die nur Verwertungs­gesell­schaften aufgebürdet werden, sind über Tariferhöhungen zu begleichen.

Berichtspflichten von FunktionärInnen

Wir sprechen uns gegen die verpflichtende Offenlegung des Tantiemen­einkommens von FunktionärInnen in Verwertungsgesellschaften aus. Tantiemen werden anhand der Nutzung von Werken und entsprechend den Verteilungsschlüsseln verrechnet. Das gilt für alle Bezugsberechtigten der Verwertungsgesellschaften in gleicher Weise. Wenn in den Verwertungs­gesellschaften Demokratie gewünscht ist, können nicht zugleich KünstlerInnen durch übertriebene spezielle Berichtspflichten abgeschreckt werden, solche Funktionen zu übernehmen oder Aufgaben wahrzunehmen. Auch wenn der Gesetzgeber in diesem Punkt die Richtlinie umsetzt, so bestehen doch Gestaltungsspielräume, die jedenfalls vermeiden sollten, dass die Mitwirkung von KünstlerInnen durch das Vorzeigenmüssen ihrer Tantiemeneinnahmen torpediert wird.

Soziale und kulturelle Einrichtungen

Studien haben belegt, dass die SKE-Fonds sich für KünstlerInnen in sozialen Notlagen bewährt haben. Auch Förderungen, die kulturellen Zwecken dienen, sind seit langem hilfreiche Instrumente. Wir begrüßen daher die Beibehaltung dieser Einrichtung, wir sehen jedoch nicht ein, dass Verwertungsgesellschaften, deren Bezugsberechtigte Rundfunk­unternehmen sind, seit der Verwertungs­gesellschaften­reform 2006 davon ausgenommen sind und bleiben sollen. Wir schlagen statt der weiteren Beibehaltung der Ausnahme die dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Wiedereinbeziehung und die Aufteilung der SKE der Rundfunkverwertungs­gesellschaften auf die anderen Verwertungsgesellschaften vor, in denen die SKE-Mittel im Sinne des Gesetzes vergeben werden können.

Tarife für Geräte und Speichermedien

Es erscheint uns unzumutbar, dass die Verwertungsgesellschaften alleine, bei ohnedies sehr erhöhtem Aufwand, empirische Untersuchungen über die Nutzung von Speichermedien anstellen sollen. Hier sollten – analog zum Beirat für Geräte- und Speichermedienvergütung – die Nutzer­organisationen ebenfalls in die Pflicht genommen werden und sich an den zu erwartenden Kosten beteiligen. Ausgeschlossen werden muss, dass den Verwertungsgesellschaften über Kostenbelastungen durch ständig weiter einforderbare „Grundlagenforschungen“ jeder Verhandlungsspielraum genommen wird.

Meldefristen

In einigen Verwertungsgesellschaften bestehen dreijährige Meldefristen, sie erlauben den KünstlerInnen eine bessere Einnahmenplanung. Diese Melde­fristen sollten im Verwertungsgesellschaftengesetz Beachtung finden.

Aufsichtsbehörde

Die Transparenz der Kosten für die Aufsichtsbehörde ist weitgehend durch die Verwertungsgesellschaften zu leisten. Die Verwertungsgesellschaften wissen aber nicht, wie und ob der Betrag der Kosten für die Aufsichtsbehörde verbraucht wird und ob nicht das Oberlandesgericht Wien einen großen Teil einsteckt. Es fehlen die Voraussetzungen, um Transparenz schaffen zu können. Den Verwertungsgesellschaften muss ermöglicht werden, diese Aufgabe im Sinne des Gesetzes wahrzunehmen.

42a UrhG

Mit der Urheberrechtsgesetzreform 2015 wurde der 42a UrhG, der kostenfreie, nicht beeinspruchbare Verleih von digitalen Publikationen für Forschungs- und Wissenschaftszwecke ermöglicht. Da eine solche weitreichende Freigabe von Werken das Zustandekommen von Neuerscheinungen nahezu unmöglich macht, wurde eine Änderung bei nächster Gelegenheit zugesagt. Wir vermissen die Einlösung dieser Zusage in der jetzigen Reform und fordern sie ein.

Einbringung der Rechte in die Verwertungsgesellschaft und rückwirkende Änderung der Verteilungsbestimmungen

Wir begrüßen die Klarstellung, dass es nicht darauf ankommt, wer die Rechte in die Verwertungsgesellschaft eingebracht hat. Unserer Meinung nach fehlt aber eine Bestimmung, die eine rückwirkende Bekämpfung der Verteilungsbestimmungen unmöglich macht. Änderungen der Verteilungs­bestimmungen können immer nur mit Wirkung für die Zukunft erfolgen. Andernfalls wird die Verteilung innerhalb der Gesellschaften nicht mehr durchführbar. Die individuelle rückwirkende Bekämpfung einer Verteilung bleibt davon unberührt.   Verteilung in gemischten Verwertungsgesellschaften   Wir unterstützen das Anliegen von Verwertungsgesellschaften, die RechteinhaberInnen abgeleiteter Rechte (Kopiervergütung etc.) vertreten. Verwertungsgesellschaften sollen nach Maßgabe der Beschlüsse innerhalb der betroffenen Verwertungsgesellschaften RechteinhaberInnen abgeleite­ter Rechte an den Vergütungsansprüchen beteiligen können.

Zusammenfassend:

Dass die EU-Verwertungsgesellschaftengesetz-Richtlinie und ihre Umset­zung dem Ziel des Schutzes der schwächeren Partei, der der Künstlerinnen und Künstler, dienen, ist kaum zu erkennen. Dafür sind um so stärker die Einflüsse der Nutzer, Nutzer-Organisationen und zahlungspflichtigen Unternehmen und Einrichtungen auf die Richtlinie und ihre Umsetzung erkennbar. Es ist zu befürchten, dass die Umsetzung der EU-Verwertungs­gesellschaftengesetz-Richtlinie dazu führt, dass die Verwertungs­gesell­schaften durch Überfrachtungen mit Aufgaben und Auflagen zunehmend handlungsunfähig werden und sich die für ihre Einnahmen rechtfertigen sollenden KünstlerInnen aus ihren Funktionen in den Verwertungs­gesellschaften zurückziehen.

Wir erneuern unseren Anspruch einer grundlegenden Diskussion in einer Arbeitsgruppe und fordern den Gesetzgeber zur Einrichtung dieser Arbeitsgruppe mit aufschiebender Wirkung für die Umsetzung der EU-Verwertungs­gesellschaften­gesetz-Richtlinie auf.

Unterstützt von (Verbände und verantwortliche Personen):

  • Dachverband der Österreichischen Filmschaffenden, Helmut Berger
  • IG Autorinnen Autoren, Gerhard Ruiss
  • IG Übersetzerinnen Übersetzer, Brigitte Rapp
  • Interessengemeinschaft Österreichischer Dokumentarfilm, Harald Friedl
  • Kulturrat Österreich, Maria Anna Kollmann
  • Musikergilde, Peter Paul Skrepek
  • Österreichischer Komponistenbund, Alexander Kukelka
  • Österreichischer Musikrat, Harald Huber
  • Verband Österreichischer Kameraleute, Astrid Heubrandtner-Verschuur
  • Verband unabhängiger Tonträgerunternehmen, Musikverlage und MusikproduzentInnen Österreichs, Alexander Hirschenhauser



Informationen:

Weitere Stellungnahmen von Mitgliedern des Kulturrat Österreich, soweit sie bereits vorliegen:

Dachverband der Filmschaffenden Österreichs

Verband Freier Radios Österreich

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