(Pressemitteilung vom 22.2.2006) Hitzige Diskussion zu Rückzahlungsforderungen des Künstlersozialversicherungsfonds
Kaum jemand gratuliert dem Künstlersozialversicherungsfonds zu seinem fünfjährigen Bestehen, das zeigte sich in einer Diskussionsveranstaltung des Wiener Depot am Dienstag, 21. Februar 2006. Denn 600 KünstlerInnen sollen das Geld zurückzahlen, das sie 2001 als Zuschuss zum Pensionsversicherungsbeitrag erhalten haben. Der Grund: Sie haben nicht das vorgeschriebene Mindesteinkommen erreicht. Etwa ein Drittel der Betroffenen befindet sich laut Fonds-Geschäftsführer Othmar Stoss auch heute in einer wirtschaftlich prekären Lage. Ob der Fonds deshalb in einigen Fällen auf die Rückzahlung verzichten kann, ist unentschieden.
Der Verwaltungsaufwand jedenfalls ist groß. Schon seit dem Sommer letzten Jahres ist der Fonds mit der Überprüfung von KünstlerInnen-Einkommen beschäftigt. So will es das Gesetz, das nun einer dringenden Korrektur bedarf. „Von KünstlerInnen mit ohnehin geringem Einkommen Rückzahlungen zu fordern ist unangemessen gegenüber den Betroffenen, juristisch unbillig und dem Grundzweck des Fonds widersprechend.“, betonte Sabine Kock (IG Freie Theaterarbeit) die dringende Notwendigkeit einer Gesetzesänderung.
„Die Abschaffung der Mindesteinkommensgrenze als Zuschussvoraussetzung ist zweifelsohne das dringlichste Anliegen überhaupt. Ein von den Interessenvertretungen ausgearbeiteter Forderungskatalog mit Sofortmaßnahmen liegt seit langem vor und ist auch Kunststaatssekretär Morak längst bekannt. Was fehlt, ist einzig der politische Wille!“, so Daniela Koweindl (IG Bildende Kunst). Den KünstlerInnen geht es nicht um Almosen, sondern um die Verankerung von Rechten, denn eine umfassende und für alle leistbare Sozialversicherung gibt es bis heute nicht. „Wir haben ein Fürsorgegesetz bekommen, das Gnade vor Recht ergehen lässt“, brachte Gerhard Ruiss (IG Autorinnen Autoren) die Situation der KünstlerInnen auf den Punkt. Er spricht von einem „Überwachungsstaat zur Verhinderung von Kunst“ und erntete damit regen Beifall.
„Das lassen wir uns nicht gefallen, wir werden auf die Barrikaden gehen!“, rief eine anwesende Künstlerin. Auch sie hatte im Herbst 2005 eine Rückzahlungsforderung erhalten. Ihr Einkommensteuerbescheid lag unter der erforderlichen Mindesteinkommensgrenze für den Zuschuss, weil sie von einer einkommensteuerbefreiten Auszeichnung lebte.
Als das Künstlersozialversicherungsfonds-Gesetz vor mehr als fünf Jahren beschlossen wurde, war stets von einem ersten Schritt die Rede. Der nächste ist überfällig. Ziel muss die Schaffung von sozialen Rechten für alle sein – gleichgültig ob KünstlerIn oder nicht. „Ich wünsche den politischen Forderungen der Interessenvertretungen viel Erfolg, weil die soziale Situation von KünstlerInnen wirklich sehr schwierig ist“, hielt Fonds-Geschäftsführer Othmar Stoss – verantwortlich für die Ausführung des Gesetzes – abschließend fest.
Nicht auf dem Podium vertreten war der regierungsverantwortliche Staatssekretär für Kunst. Franz Morak hatte der Einladung des Depot eine Absage erteilt.