Kuhhandel KünstlerInnen-Sozialversicherungsfonds: Nach dem Kulturausschuss ist vor dem Parlament
- Stand der Dinge (5.Juli.2012): KSVFG-Novelle beschlossen: Raub besiegelt. Mach mit beim Millionen-Quiz!
Liebe Protestierende,
fein zu sehen, dass sich so viele an den Protestmailkampagnen beteiligt haben – geklappt hat es diesmal nicht, zumindest nicht konkret: Heute hat der Initiativantrag unverändert den Nationalrat passiert. Rund 400 Protestmails (das sind nur jene, von denen wir im Kulturrat Österreich mitbekommen haben), der Flashmob, zahlreiche Medienaktivitäten und daraus resultierende Berichte und anderes haben aber jedenfalls sehr deutlich gemacht, dass wir nicht gewillt sind, kampflos aufzugeben – etwas das uns sicher weiterhelfen wird. Herzlichen Dank auch an die solidarischen UnterstützerInnen!
In diesem Sinne: Wer sich nicht wehrt, hat schon verloren.
Nächstes Mal gewinnen wir.
Herzliche Grüße
Kulturrat Österreich
Ja zur Abschaffung der Pensionsklausel! – Nein zum Leeren des Fonds!
Nachdem der Initiativantrag zur Abschaffung der Pensionsklausel im Tausch gegen die massive Verkleinerung des KSVF-Vermögens im Kulturausschuss durchgewinkt wurde, steht nun die Entscheidung im Parlament an, voraussichtlich am Donnerstag, dem 5.7.2012.
Wir rufen daher auf, umgehend (noch) eine Protestmail an alle Parlamentsabgeordneten zu schicken, um ihnen sachliche Informationen zukommen zu lassen. Siehe dazu unseren ausführlicheren Protestmail-Textvorschlag.
Wie notwendig diese Information ist, bewies zuletzt Silvia Fuhrmann, Kultursprecherin der ÖVP: Via Presseaussendung ließ sie ausrichten, dass ohnedies 12.000 „bedürftige“ KünstlerInnen jährlich Zuschüsse aus dem KSVF bekommen ‒ das wäre ja ein Anfang, wenn es denn wahr wäre. In einem zweiten Anlauf korrigierte sie die Zahlen: 12.000 hätten seit 2001 einen Antrag gestellt, rund 8.400 seitdem auch einen Zuschuss bekommen. Die tatsächlichen Korrekturzahlen: Aktuell bekommen jährlich 4.500 Personen einen Zuschuss, von denen etwa 2.700 anschließend mit Rückzahlungsverfahren konfrontiert sind. Unrichtig ist aber der bemühte Topos der Bedürftigkeit! Der Zuschuss ist keine Unterstützung für „Bedürftige“ ‒ da wäre es ja erst recht nicht einzusehen, warum gerade jene mit den geringsten Einkommen qua Gesetz nichts bekommen sollten. Vielmehr handelt es sich um den Versuch einer berufsspezifischen Sozialversicherungslösung für KünstlerInnen, die der Tatsache Rechnung trägt, dass nur ein geringer Anteil der mit künstlerischen Leistungen erwirtschafteten Mittel bei den KünstlerInnen selbst ankommt.
Unser Mailvorschlag – als Vorlage für jene, die nicht selbst formulieren möchten:
Betreff: Gegen den Kuhhandel beim KünstlerInnen*Sozialversicherungsfonds (KSVF)
Sehr geehrte Frau Bundesministerin!
Sehr geehrte Abgeordnete des Parlaments!
Seit Jänner 2001 sind alle selbstständig erwerbstätigen KünstlerInnen in die Pflichtversicherung nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (GSVG) einbezogen.
Schon bevor die Berufsgruppe der KünstlerInnen als „Neue Selbstständige“ 2001 der SVA, der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, zugewiesen wurde, war klar, dass die meisten Versicherungspflichtigen Probleme beim Bezahlen der Versicherungsbeiträge haben würden. Anders als bei UnternehmerInnen anderer Branchen verdienen nämlich überwiegend Dritte an der Verwertung von Kunst. Um für pensionsversicherte KünstlerInnen diese ungleiche Situation partiell auszugleichen, wurde mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2001 der KünstlerInnen-Sozialversicherungsfonds (KSVF) geschaffen. Aufgabe dieses Fonds ist die Leistung von Zuschüssen zu den Pensionsversicherungsbeiträgen, seit 2008 zusätzlich auch – bei extrem niedrigen Einkommen – die Leistung von Zuschüssen zu Kranken- und Unfallversicherungsbeiträgen.
Zur Aufbringung der Mittel wurde eine Bundesabgabe geschaffen, die VerwerterInnen künstlerischen Contents – Kabelnetzbetreiber sowie die VerkäuferInnen und VermieterInnen von SAT-Receivern – zu einer Abgabe verpflichtete. Darüber hinaus wurde der Fonds durch einen Bundeszuschuss gespeist. Aufgrund der Einnahmen durch diese Abgabe und der geringen Anzahl von ZuschussbezieherInnen durch rigide Zugangsbestimmungen stellte der Bund 2003 diese Zahlungen zur Gänze ein, sodass der Fonds seit 9 Jahren ausschließlich auf die Mittel der Abgabe zurückgreift.
Seit der Novellierung des KünstlerInnen-Sozialversicherungsfondsgesetzes 2008 wurde der Kreis der ZuschussbezieherInnen weiter eingeschränkt: KünstlerInnen, die eine wie immer geartete Pensionsleistung beziehen (Waisen, Witwen, Invaliden usw.), sind seit 1.1.2009 von einem Zuschuss aus dem Fonds ausgeschlossen. Nach langjährigen Protesten haben die Regierungsparteien nun einen Initiativantrag zur Abschaffung dieser Pensionsklausel eingebracht und im Kulturausschuss angenommen. Zu einem hohen Preis! Im Gegenzug soll auf Drängen der ÖVP das Fondsvermögen drastisch reduziert werden: von derzeit 28 Millionen Euro auf geschätzte 15 Millionen!
Ich protestiere auf das Schärfste gegen diesen Plan und appelliere an Sie, nur der Abschaffung der Pensionsklausel zuzustimmen!
Ich fordere stattdessen, das Fondsvermögen dazu zu verwenden, die Zugangsbedingungen zum Fonds endlich zu erleichtern und die längst überfällige Abschaffung der Untergrenze zu realisieren, um Kunst- und Kulturschaffenden, die am schlechtesten sozial abgesichert sind, Zuschüsse zu ermöglichen. Aktuell beziehen nur 4500 KünstlerInnen Mittel des Fonds – demgegenüber stehen etwa 2700 Rückforderungsverfahren, 2/3 davon wegen Unterschreitung der Untergrenze der Einkünfte aus selbstständiger künstlerischer Tätigkeit.
Ich verbleibe in Erwartung Ihrer Stellungnahme,
mit freundlichen Grüßen
Emailadressen
BM Claudia Schmied claudia.schmied@bmukk.gv.at
ÖVP Parlaments-Klub office@oevpklub.at
SPÖ Parlaments-Klub klub@spoe.at
Liste der Mailadressen der Abgeordneten im Nationalrat (gelöscht weil nicht mehr relevant)
Mit der Bitte, die Protestmails auch uns zukommen zu lassen.