(22.3.02) Die bildenden KünstlerInnen stellen der herrschenden Lösung ein miserables Zeugnis aus. Nur knapp 3% der Betroffenen sind mit dem System zufrieden. Die IG BIDLENDE KUNST sieht darin ein deutliches Mandat zur Neuverhandlung.
Künstlersozialversicherungsfondsgesetz: NICHT GENÜGEND !
Ein Jahr nach Inkrafttreten des „Künstlersozialversicherungsfondsgesetz“ haben sich Interessenvertretungen entschlossen, eine Umfrage zu Versicherungsstatus und Zufriedenheit durchzuführen. Nach mehreren Wochen Rücklauffrist liegt nun das Gesamtergebnis für die bildende Kunst vor. Die Antworten stammen von Mitgliedern der IG Bildende Kunst, Secession, Künstlerhaus, Tiroler Künstlerschaft und der Berufsvereinigung der bildenden Künstler (BV). Insgesamt liegen 170 Rückmeldungen vor, dies entspricht einer Rücklaufquote von 8%.
Von der Versicherungspflicht als „Neue Selbständige“ sind 64% der Befragten betroffen. 53% beziehen einen Zuschuss zum Pensionsversicherungsbeitrag aus dem „Künstlersozialversicherungsfonds“, der in seiner Grundidee als „fiktiver DienstgeberInnenbeitrag“ den großen Umfang der Versicherungsbeiträge abfangen sollte. Dass davon aber erst recht jene KünstlerInnen ausgeschlossen sind, die besonders wenig verdienen, erfährt in den Umfrageergebnissen ihren Widerhall. Die Forderungen nach Abschaffung der Einkommensuntergrenze (Wert 2002: EUR 3.815.- Jahreseinkommen) ist absoluter Spitzenreiter unter den frei ergänzten Anmerkungen am Ende der Multiple-Choice-Fragebögen.
Zu den Ärgernissen ersten Ranges haben die bildenden KünstlerInnen u.a. den „Informationsservices“ (also dessen Fehlen) des „Künstlersozialversicherungsfonds“ gekürt (44,7% der Befragten), dicht gefolgt von jenem der Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft (43,5%) und dem der Gebietskrankenkassen (41,2%). Diesem Informationsdefizit arbeiten die Interessenvertretungen mit großem Zeitaufwand entgegen. Wie sich nach wie vor bei den regelmäßig abgehaltenen Beratungsstunden der IG BILDENDE KUNST zeigt, herrschen noch immer große Unklarheiten über das Funktionieren dieses neuen Systems seit 1.1.2001. Große Unterstützung bei der Informationsbeschaffung leistet – jedenfalls für die IG BILDENDE KUNST – die Wiener Landesstelle der SVA der Gewerblichen Wirtschaft.
Übertroffen wird die Kritik am mangelnden Service lediglich von der Unzufriedenheit (bei 52,9% der KünstlerInnen) über die Tatsache, dass bis zur Bearbeitung des Antrages beim „Künstlersozialversicherungsfonds“ die Versicherungsbeiträge mitunter monatelang in voller Höhe vorzustrecken waren bzw. sind. Sogar die Klage über zu geringe Zuschüsse (40,6%) liegt auffallend darunter. Hier schließt sich allerdings die Forderung an, das Zuschusssystem auf die Krankenversicherung auszuweiten (30,6%). Auch die Ungleichbehandlung zwischen den sogenannten „alten“ „Neuen Selbständigen“ – also jenen, die bereits vor dem 1.1.2001 versichert waren – und den bildenden KünstlerInnen, die seit 2001 erstmals in die Pflichtversicherung fallen, ist vielen ein Dorn im Auge. 47,1% fordern daher die Ausweitung der Ausnahmeregelung für eine Krankenversicherung nach ASVG (ohne Selbstbehalt, mit Möglichkeit auf Krankengeld) für alle Kunstschaffenden – unabhängig vom Datum des erstmaligen Eintritts in die Versicherung.
Als grundsätzliche Schwierigkeit wird die Abgabe einer Einkommensprognose als Voraussetzung zur Versicherungsmeldung und Antragstellung beim „Künstlersozialversicherungsfonds“ genannt. Die Selbsteinschätzung ist Basis für die Beitragsberechnung, doch keinE KünstlerIn kann zu Jahresbeginn wissen, wie sich die persönliche wirtschaftliche Lage bis zum Jahresende gestalten wird. Gerade bei Kunstschaffenden sind große jährliche Einkommensschwankungen besonders häufig. Die Folge sind Nachzahlungsforderungen (wenn die Prognose zu niedrig ausgefallen ist) oder im umgekehrten Fall (bei Unterschreiten der Mindesteinkommensgrenze) der Verlust des Zuschusses aus dem Fonds, der dann zurückzuzahlen ist. Daher nennen 36,5% der bildenden KünstlerInnen eine unveränderliche Leistung von Versicherungsbeiträgen (ohne Nachbemessung!) nach dem selbstgeschätzten Einkommen als notwendige Änderung. Es muss in der Eigenverantwortung der Kunstschaffenden liegen, einen den finanziellen Möglichkeiten entsprechenden niedrigen oder hohen Pensionsversicherungsbeitrag abzuführen. Die Konsequenzen bei Pensionsantritt sind schließlich selbst zu tragen. Jahreskalkulationen mögen für Gewerbetreibende vielleicht machbar sein, doch die versicherungstechnische Gleichstellung von Kunstschaffenden mit einem Handwerksbetrieb kann nicht funktionieren und wird von vielen KünstlerInnen prinzipiell als unzumutbar empfunden.
Als Konsequenz der aufgezeigten Missstände, kann es daher nicht verwundern, dass 81,7% der KünstlerInnen für die in der Vergangenheit regelmäßig diskutierte Grundsicherung plädieren. Als GegnerInnen eines solchen Modells sprechen sich hingegen lediglich 5,9% aus.
Die Urteile der bildenden KünstlerInnen bestätigen alle vorangegangenen Ergebnisse dieser Basisbefragung zur Sozialversicherung aus anderen Sparten: die Mitglieder der IG Autorinnen Autoren, der Übersetzergemeinschaft und der IG Freie Theaterarbeit haben ebenso und zum wiederholten Male in jeder Hinsicht große Defizite bei der sozialen Absicherung von Kunstschaffenden konstatiert. Einzig und allein der Staatssekretär für Kunst preist – allen Erfahrungswerten der Betroffenen zum Trotz – den Status Quo noch als Erfolg dieser Regierung.