(Pressemitteilung vom 12.4.2021) Interessenvertretungen aus Kunst, Kultur und freien Medien ziehen Zwischenbilanz zum „Forum Fairness“
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Die Einkommenssituation im Sektor Kunst/Kultur/Freie Medien ist großflächig geprägt von Unterbezahlung bis hin zur Selbstausbeutung. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse, nachteilige Verträge und unsichere Arbeitsbedingungen sind an der Tagesordnung. Die Verhandlungsposition von Künstlerinnen und Kulturarbeiterinnen ist denkbar schwach. Unter dem Schlagwort „Fair Pay“ arbeiten Künstlerinnen, Kulturarbeiterinnen und ihre Interessenvertretungen seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, an einer grundlegenden Veränderung der Situation. Die aktuelle Regierung bekennt sich in ihrem Regierungsprogramm erstmals zu Fair Pay und hat unter der Federführung der zuständigen Staatssekretärin Andrea Mayer (BMKOeS) Schritte zur Entwicklung einer Fair-Pay-Strategie eingeleitet.
Seit Herbst 2020 arbeiten Bund und Interessenvertretungen im „Forum Fairness“ zusammen. Folgende Interessenvertretungen sind beteiligt:
- Dachverband der österreichischen Filmschaffenden
- IG Autorinnen Autoren
- IG Bildende Kunst
- IG Freie Theaterarbeit
- IG Kultur Österreich
- IG Übersetzerinnen Übersetzer
- Kulturrat Österreich
- Österreichischer Musikrat
- Österreichischer Verband der KulturvermittlerInnen im Museums- und Ausstellungswesen
- Verband Freier Rundfunk Österreich
In den ersten beiden Terminen des „Forum Fairness“ ging es um Problemerhebung und Informationsaustausch. Als erstes Ergebnis in Richtung Fair Pay wird einer langjährigen Forderung der Interessenvertretungen folgend demnächst eine systematische Erhebung des Fair-Pay-Gap durchgeführt. Erhoben wird die Differenz zwischen den tatsächlich bezahlten Honoraren bzw. Gehältern und den von Interessenvertretungen empfohlenen Mindeststandards.
Zur konkreten Umsetzung von Fair Pay wurden beim dritten Gesprächstermin Anfang April auf Vorschlag der IGs drei Arbeitsgruppen eingerichtet: kartellrechtliche Implikationen im Zusammenhang mit Honorarempfehlungen, Vertragsklauseln zu Ausfallhaftung, Implementierung von Fair Pay in Förderverwaltung/ -bedingungen und -gesetzen.
Die Notwendigkeit eines starken Urheber*innenvertragsrechts als Voraussetzung von Fair Pay in marktnahen Kunstfeldern ist unbestritten, in diesem Rahmen jedoch nur am Rande Thema, da sie in die Verantwortung des Justizministeriums fällt.
Geplant ist allerdings ein internationales Symposium (im Herbst 2021) zu allen Themen des Prozesses.
Der Kulturrat Österreich hat die koordinierende Funktion für die Interessenvertretungen übernommen und bringt auch gern Anliegen von nicht direkt vertretenen Einrichtungen im „Forum Fairness“ ein. Die beteiligten Interessenvertretungen haben ihre Grundsätze und Ziele für den Fair-Pay-Prozess insbesondere im Wirkungsbereich von Bund und Ländern als Fördergeber*innen wie folgt festgelegt:
Fair Pay!
G r u n d s ä t z e
- Faire Honorare, faire Gagen, faire Tarife
Mindesthonorare, Regelhonorare, Richtwerte - Faire Gehälter, faire Löhne
Kollektivvertragsregelungen - Faire Verträge
Musterverträge, Normverträge, Rahmenverträge - Faire Dienstverträge, faire Arbeitsverträge, faire Werkverträge
Kollektivvertragsregelungen, Betriebsvereinbarungen - Faire Arbeitsbedingungen
Betriebsvereinbarungen - Faire Abstandshonorarregelungen
Mustervereinbarungen, Normvereinbarungen - Faire Kommunikation
Informationspflicht, Gleichbehandlung aller Beteiligten, Transparenz
M a ß n a h m e n
- Verankerung fairer Bezahlung und fairer Verträge als Förderkriterium
Keine öffentlichen Gelder für Projekte und Einrichtungen, die auf un(ter)bezahlter künstlerischer oder kultureller Arbeit beruhen oder budgetär bedingt auf rechtlich zweifelhafte Arbeitsverhältnisse ausweichen. - Erhöhung der Budgets für Kunst-, Kultur- und Medienförderung
Anhebung der Ausgaben für Kunst und Kultur auf mindestens 1% des BIP, davon 50% für die Freie Szene, um die genannten Ziele im Sinne der Förderung von Vielfalt zu verwirklichen. - Urheberinnenvertragsrecht Für einen Anspruch auf angemessene Vergütung der Nutzung (Verwertung) von urheberinnenrechtlich geschützten Werken. Rahmenverträge sollen Mindeststandards festlegen und ein Verhandeln „auf Augenhöhe“ gewährleisten.
Zu spartenspezifischen Umsetzungen verweisen wir auf die Empfehlungen und Forderungspapiere der einzelnen Interessenvertretungen.
Zur sozialen Situation in Kunst/Kultur/Freien Medien
- Studie zur sozialen Lage der Kunstschaffenden und Kunst- und Kulturvermittler/innen in Österreich 2018 (Danzer, Wetzel; Landsteiner, Lungstraß, Ratzenböck), Wien 2018
- Studie zur Arbeits- und Lebenssituation der Filmschaffenden in Österreich, Wien 2016
- Zweiteilige Studie zu Problemen von Kunstschaffenden in der sozialen Absicherung (Trost/ Waldhör/ Iljkic; Griesser/ Christl), Linz, Wien 2017
- Dokumentation, Gesetzesvorschläge, Forderungen der „Initiative Urhebervertragsrecht“