(Pressemitteilung vom 29.11.2022)
Kulturrat Österreich unterstützt jeden Schritt dagegen
Information zu:
- vera* – Vertrauensstelle gegen Belästigung und Gewalt in Kunst, Kultur und Sport
- #we_do! – Anlauf- und Beratungsstelle gegen Diskriminierung und Ungleichbehandlung, Machtmissbrauch, sexuelle Übergriffe und Verletzungen im Arbeitsrecht – für alle, die in der österreichischen Film- und Fernsehbranche tätig sind.
Arbeit in Kunst und Kultur findet mitten in der Gesellschaft statt. Zu dieser Realität gehören bedauerlicherweise auch Machtmissbrauch, Übergriffe, sogar sexuelle Gewalt. Viele strukturelle Merkmale des Kunst- und Kulturlebens verschärfen die Situation: verschwimmende Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben, ausgeprägte Hierarchien, die grundsätzliche Verfügbarkeit voraussetzen und Machtpositionen in der Zusammenarbeit ausspielen, außerdem der oft überschaubare Kreis an Aktiven im selben Feld, in dem sich viele kennen und in verschiedenen Projekten immer wieder begegnen. Dazu kommt: Wer aufmuckt, wer Unangenehmes ausspricht, wer sich gegen das Verhalten der anderen wehrt, wird oft selbst zum Problem gemacht. Dass unbequeme Kolleg_innen bei Folgeaufträgen und -engagements nicht berücksichtigt werden, ist leider (noch) nicht Vergangenheit. Doch Künstler_innen und Kulturarbeiter_innen wehren sich! Sie holen sich Unterstützung, tauschen sich aus, zeigen (gemeinsam) Missstände auf und kämpfen dagegen an.
Zwei Initiativen bieten Betroffenen dabei konkrete Unterstützung an. Bereits 2019 ist die Anlauf- und Beratungsstelle #we_do! im Filmbereich an die Öffentlichkeit getreten. Im September 2022 hat die Vertrauensstelle vera* für alle in Kunst und Kultur gestartet. Gemeinsam ist ihnen ein doppelter Fokus: persönliche Unterstützung (auf Wunsch anonym) und Aktivitäten zur Verhinderung von strukturell bedingtem Machtmissbrauch. In beiden Fällen kooperieren die Vertrauensstellen mit bereits bestehenden Opfer- und Gewaltschutzorganisationen, um die bestmögliche Versorgung für die Betroffenen zu gewährleisten.
Wir freuen uns, dass es diese Angebote nun gibt, und werden nicht locker lassen bis vera* und #we_do! ihre Notwendigkeit verlieren. Erreichen werden wir dies nur in einer Welt, die frei von Diskriminierung und Gewalt ist.
vera*
Vertrauensstelle gegen Belästigung und Gewalt in Kunst, Kultur und Sport
Die Vertrauensstelle vera* ist Dach zweier unabhängiger Stellen, die für Kunst und Kultur einerseits und für den Sportbereich andererseits zuständig sind. Finanziert wird vera* vom BMKOeS.
vera* – Vertrauensstelle Kunst und Kultur ist Anlaufstelle für alle, die entweder selbst von Machtmissbrauch, Belästigung und Gewalt betroffen sind oder diese miterleben. Derzeit leistet vera* Erstkontakt, Information, Beratung, Vermittlung, Betreuung und Begleitung. Die Betroffenen entscheiden selbst, was sie benötigen bzw. welche Schritte sie unternehmen wollen. Neben der unmittelbaren Hilfe für Betroffene zielt vera* auch auf eine gesellschaftliche Veränderung ab – mit breitem Angebot in der Prävention und Unterstützung in den Strukturen der Kunst- und Kulturproduktion. vera* möchte überdies einen formalen Status erreichen – etwa vergleichbar der Gleichbehandlungsanwaltschaft.
Startschuss für die Entwicklung und Einrichtung von vera* war der parlamentarische Beschluss zur Einrichtung einer Vertrauensstelle im März 2021. Nach eineinhalb Jahren Recherche und Konzepterstellung konstituierte sich im November 2022 der Trägerverein, in welchem neben den IGs aus Kunst und Kultur auch der Kulturrat Österreich Mitglied ist. Im September 2022 hat vera* schließlich den öffentlichen Betrieb aufgenommen. Sehr schnell hat sich die dringende Notwendigkeit einer solchen Stelle erwiesen: Wegen der großen Zahl an Anfragen mussten die Personalkapazitäten bereits kurz nach dem Beginn erweitert werden.
#we_do!
Anlauf- und Beratungsstelle gegen Diskriminierung und Ungleichbehandlung, Machtmissbrauch, sexuelle Übergriffe und Verletzungen im Arbeitsrecht – für alle, die in der österreichischen Film- und Fernsehbranche tätig sind.
Die Anlauf- und Beratungsstelle #we_do! wurde 2019 vom Dachverband der Österreichischen Filmschaffenden ins Leben gerufen, in Zusammenarbeit mit dem Verband der Österreichischen Filmproduzent_innen, in Kooperation mit FC Gloria. Finanziert wird #we_do! von VdFS, VAM und dem BMKOeS.
#we_do! ist ein Angebot für alle, die in der österreichischen Film- und Fernsehbranche tätig sind. Langfristiges Ziel von #we_do! ist eine strukturelle Veränderung: Gemeinsam mit den Verbänden aller Filmschaffenden werden auf Basis der gesammelten Fälle Lösungen für eine Verbesserung der Arbeitsverhältnisse erarbeitet.
Betroffene können Missstände, die sie selbst erlebt oder beobachtet haben, melden (auch anonym) und bekommen telefonische, schriftliche oder auch persönliche Beratung, auch mehrmals, falls notwendig.
Führungskräfte und Verantwortungsträger_innen können #we_do! für Vorträge, Workshops und Warm Ups buchen, um sich über rechtliche Grundlagen, Begriffe und Präventionsmöglichkeiten zu informieren
#we_do! bietet auch regelmäßige offene Workshops an, kostenlos für alle Filmschaffenden, wo anhand von Fallbeispielen Grundlagenwissen vermittelt wird und Handlungsstrategien diskutiert – Wissen für Veränderung.
Informationen:
- vera* – Vertrauensstelle gegen Belästigung und Gewalt in Kunst, Kultur und Sport
- #we_do! Anlauf- und Beratungsstelle gegen Diskriminierung und Ungleichbehandlung, Machtmissbrauch, sexuelle Übergriffe und Verletzungen im Arbeitsrecht – für alle, die in der österreichischen Film- und Fernsehbranche tätig sind
- Soforthilfe in einer akuten Krise (Überblick zu Gewaltschutzeinrichtungen in Österreich)
Weitere Texte:
- #we_do! Jahresbericht 2021
- Recherche zu Vertrauensstelle(n) gegen Machtmissbrauch in Kunst, Kultur und Sport (Kulturrat Österreich, Stand Mai 2022)
- Vasilena Gankovska: Sich (ver)trauen. Neue Vertrauensstelle gegen Belästigung und Gewalt soll eine strukturelle Verbesserung für alle in Kunst, Kultur und Sport erreichen. In: Bildpunkt Herbst 2022
- Vera soll´s richten. Interview mit Edda Breit. In: KUPFzeitung 183/2022
- Clara Gallistl: Kultur des Machtmissbrauchs. In: KUPFzeitung 183/2022