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Referat von Marie-Christine Baratta, ImPulsTanz Festival

  • von

in der Pressekonferenz des Kulturrat Österreich am 13.2.2013 zum Artists-Mobility Guide (Hg. bm:ukk)


Mit dem ImPulsTanz Festival, einem der weltweit größten internationalen Festivals für zeitgenössischen Tanz und Performance, das in diesem Jahr sein 30-jähriges Bestehen feiert, sind wir – wenn Sie so wollen – ProtagonistInnen und ExpertInnen zur Beförderung der Mobilität von Kunstschaffenden in einem künstlerischen Feld, das immer schon durch sein Medium – den Tanz – grenz- und sprachübergreifend wirken konnte und wirkt:

  • durchschnittlich 50 Produktionen und Gastspiele werden auf fast alle großen und kleineren Bühnen Wiens aufgeführt,
  • über 3.000 TeilnehmerInnen aus mehr als 90 Ländern melden sich im Workshop-Programm,
  • über 500 nationale und internationale KünstlerInnen sind als Gäste eingeladen,
  • 65 junge internationale TänzerInnen und ChoreografInnen nehmen am danceWEB Stipendienprogramm

Als „ProtagonistInnen der Mobilität“ sind wir allerdings auch mit diversen Blockierungen oder Einschränkungen der Mobilität von Kunstschaffenden konfrontiert. Um Ihnen nur einige der „Highlights“ aus der jüngsten Vergangenheit zu nennen, möchte ich vier Beispiele erwähnen:

Sommer 2009: Terence Lewis, der indische Bollywood TV-Star und Vertreter der indischen zeitgenössischen Choreografie wurde mit seiner Company von 8 TänzerInnen vom ImPulsTanz Festival zu einer zweiwöchigen Residency eingeladen. Sechs der TänzerInnen beantragten ihre Visa aufgrund von Gastspielen über die deutsche Botschaft, die sie auch prompt zwei Wochen nach Antragsstellung erhielten. Die österreichische Botschaft blockierte die beiden anderen bis 10 Tage NACH Beginn der Residency und die beiden KünstlerInnen konnten nicht nach Wien reisen.

Sommer 2010: Wir bitten die renommierte südafrikanische Choreografin Robyn Orlin (u.a. Einladungen ins Théâtre de la Ville in Paris, ans BAM in New York etc.), anlässlich der weltweiten AIDS-Konferenz in Wien, ihr Erfolgsstück „We must eat our suckers with the wrappers on…“ noch einmal hier zu präsentieren und beginnen 3 Monate (!) vorher mit den diplomatischen Vorarbeiten. Doch erst 48 Stunden vor ihrer Abreise nach Wien erhalten die letzten TänzerInnen ihrer Company die notwendigen Schengen-Visa und auch dies nur nach massiven Hürden (u.a. eine zweimalige achtstündige Busreise von Johannesburg nach Pretoria für Gespräche, beide Male ohne Garantie, dass es damit dann klappen würde).

Sommer 2010: Adedayo Liadi, renommiertester Choreograf Nigerias, beantragte im April ein Visum für 5 TänzerInnen seiner Company, deren Reisekosten und Workshopteilnahmen bei ImPulsTanz er selbst finanziert hatte. Allein, die TänzerInnen können ihre Reise nie antreten, ihre Workshopreservierungen müssen storniert werden, weil sie trotz dreimonatiger (!) Vorlauffrist, Einladungsbriefen und diversen Interventionen kein Visum der österreichischen Botschaft erhalten.

Sommer 2012: Der nigerianische Tänzer Samuel Ekeh wurde ausgewählt, um am danceWEB Stipendienprogramm teilzunehmen, das vom Mitte Juli bis Mitte August im Rahmen des Festivals ImPulsTanz stattfindet. Der Tänzer hat es geschafft, sein Flugticket durch den Prinz Claus Fund finanziert zu lassen. Anfang Juli bekommen wir Mails von Samuel Ekeh, der uns mitteilt, dass die österreichische Botschaft in Abuja ihm kein Visum erteilen will, weil er als freischaffender Künstler keinen gesicherten Einkommensnachweis mit Lohnzettel oder Dienstverträgen vorweisen kann. Umsonst versucht er der Botschaft zu erklären, dass er als Tänzer kein regelmäßiges Einkommen erhält bzw. dass es in seinem Beruf nicht üblich ist, schriftliche Verträge abzuschließen. Allerdings musste der Tänzer mehrere Tage auf eigene Kosten in Abuja bleiben, um Gespräche in der österreichischen Botschaft zu führen. Ohne unsere Intervention im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten hätte Samuel Ekeh kein Visum bekommen können.

Vor circa einem Jahr stellten Wolfgang Zinggl und Alev Korun eine Anfrage betreffend Verweigerung von Visa im österreichischen Parlament. Die Antwort des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten ist voller Vorbehalte und beantwortet nicht einmal wichtige Fragen über die Anzahl der Einträge auf Erteilung eines Visums in den zwei letzten Jahren bzw. über die häufigsten Ablehnungsgründe.

Wir hoffen, dass der Artist Mobility Guide nicht nur über den Stand der aktuellen Gesetzgebung zur Einreise, Aufenthalt und Beschäftigung ausländischer KünstlerInnen Informationen gibt. Wichtiger ist, dass dieser Guide dazu beiträgt, die Mobilität der KünstlerInnen zu ermöglichen, zu erleichtern und zu befördern.