(Pressemitteilung vom 8. Juli 2015)
UrheberInnenrechtsnovelle 2015 beschlossen. Wem nützt aber diese Novelle? Dem Handel und den ProduzentInnen, aber nicht den UrheberInnen.
Der 7. Juli wird als rabenschwarzer Tag in die Annalen der UrheberInnengesetzgebung eingehen. Der Nationalrat hat mit 2/3-Mehrheit ein Gesetz beschlossen, das u.a. das erklärte Ziel verfolgt, größere Rechtssicherheit zu schaffen und den Kunst- und Kulturschaffenden eine faire Vergütung für die Nutzung ihrer Leistungen zu sichern.
Wohl sieht das Gesetz eine im Vergleich zur bisher geltenden Leerkassettenvergütung umfassendere Speichermedienvergütung vor, zieht aber gleichzeitig bis 2019 einen Deckel von 29 Mio. Euro ein. Ab diesem Betrag wird der Handel fleißig weiter Geld von den KonsumentInnen kassieren, den UrheberInnen stehen diese Einnahmen aber offenbar nicht mehr zu. Was damit passiert, muss dann erst recht neu verhandelt werden und wird jedenfalls nicht zum Vorteil der UrheberInnen ausfallen – ein Deckel ist schließlich ein Deckel, und dieser Deckel wurde erklärtermaßen zum Vorteil des Handels eingezogen.
Unausweichliche Schlussfolgerung: Die Einnahmen der UrheberInnen werden trotz Vervielfachung der Speichermedien geringer ausfallen als auf Basis der bisherigen Leerkassettenvergütung.
Nicht genug: Statt wie bisher getrennte Vergütungen für Geräte (Kopierer) und Leermedien vorzusehen, werden diese beiden völlig unterschiedlichen Vergütungen zusammengefasst und gemeinsam mit 29 Mio. Euro brutto gedeckelt (d.h. auch sämtliche Abzüge von gewerblicher Rückforderung wegen Nicht-Nutzung für Privatkopien bis zum Export von Festplatten bleiben unberücksichtigt).
Fazit: Die Einnahmen der UrheberInnen werden trotz Vervielfachung der Speichermedien geringer ausfallen als auf Basis der bisherigen Leerkassettenvergütung.
Einzelne Handelsunternehmer heben die Speichermedienvergütung bereits seit 2010 ein, die Novelle sieht jedoch vor, dass lediglich die Einnahmen aus 2014 an die UrheberInnen fließen müssen – ein Verlust von vielen Millionen für die UrheberInnen, den sich die betreffenden Handelsunternehmen in die Tasche stecken – zum Nachteil nicht nur der UrheberInnen, sondern auch der KonsumentInnen, die die Abgabe schließlich bezahlt haben! Auch diese Einnahmen drohen den UrheberInnen zu entgehen, obwohl sie explizit für sie eingehoben wurden.
FilmurheberInnenrecht
Die ganz großen VerliererInnen dieses Gesetzes sind die – im österreichischen UrheberInnenrecht ohnehin seit den 30er Jahren extrem schlecht gestellten – FilmurheberInnen.
Keine einzige ihrer Forderungen wurde im Gesetz verwirklicht. Dass nun „vermutet“ wird, dass alle Rechte bei den FilmproduzentInnen liegen, ist seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Cessio legis aus dem Jahr 2012 bereits totes Recht.
Dafür führt die Novelle die Unwirksamkeit von Vorabtretungen von Rechten (an Verwertungsgesellschaften, die diese Rechte kollektiv wahrnehmen) ein. FilmurheberInnen können nunmehr unter Ausnutzung ihrer ohnehin schwachen Verhandlungsposition „überredet“ werden, auch noch diese Rechte den FilmherstellerInnen abzutreten. Eine weitere und drastische Schlechterstellung.
Wem nützt also diese Novelle?
Dem Handel und den ProduzentInnen, aber nicht den UrheberInnen. Zwar gesteht ihnen das Gesetz ihren Anspruch auf gerechte Vergütung der Privatkopie zu, nimmt diesen aber durch die Deckelung gleich wieder zurück. Unter dem Vorwand des Interessenausgleichs werden die als legitim anerkannten Interessen der UrheberInnen mit Füßen getreten. Alle Einwände gegen diese Novelle wurden ignoriert: Die trotz des skandalös kurzen Begutachtungszeitraums beachtliche Anzahl von Stellungnahmen zur Novelle blieb vollkommen unberücksichtigt. Das ist ungeschminkte Klientelpolitik, wie man sie selten erlebt – wir haben einen neuen Tiefpunkt in der politischen Kultur erreicht.
Von Kunst zu leben gestaltet sich im „Kulturland“ Österreich derzeit als äußerst schwieriger, meist existentiell prekärer Balanceakt. Die aus der Speichermedienabgabe gespeisten SKE-Fonds ermöglichen Verbesserungen für die Menschen, die Kunst machen. Diese Möglichkeiten auf eine solide Basis zu stellen, wurde am Spielfeld der Wirtschaft neuerlich vertan.
Wir bedanken uns, Herr Minister Brandstetter!
Links
- Aussendung als OTS
- Stellungnahme des Kulturrat Österreich zur UrheberInnenrechtsnovelle 2015