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Umfrageergebnis IG Autorinnen Autoren

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(16.2.02) 93 Prozent mit der derzeitigen Sozialversicherungsregelung nicht oder nur zum Teil einverstanden. Die jetzige Lösung ist nichts anderes als „ein erster Schritt“. Das Ergebnis der Befragung sollte dazu herangezogen werden, zu nächsten Schritten zu finden.

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Mit 1.1.2001 wurde die „Neue Selbständigenversicherung“ zur „sozialen Absicherung“ der Künstler eingeführt. Ein Jahr nach der Einführung der Versicherungspflicht zeigt sich, daß sich durch die „Neue Selbständigenversicherung“ kaum etwas an der sozialen Situation der Autoren verbessert hat.

Die Erwartungen an die „Neue Selbständigenversicherung“ sind sogar so gering, daß nicht einmal alle auf Grund ihrer Selbständigentätigkeit aus dem Sozialfonds für die krankenversicherung bezuschußten Autoren (11 Prozent) von der „Neuen Selbständigenversicherung“ Gebrauch machen wollen: nur 8 Prozent der Autoren beziehen auf Grund ihres Wechsels in die „Neue Selbständigenversicherung“ Zuschüsse aus dem dafür eingerichteten Pensionsversicherungszuschußfonds. Es ist allerdings nicht auszuschließen, daß der eine oder andere Autor wegen „zu großer Einkommensarmut“ (weniger als 3.618,48 Euro künstlerisches Jahreseinkommen) oder wegen „zu großem Einkommensreichtums“ (mehr als 19.621,67 Euro künstlerisches Jahreseinkommen) dafür nicht in Frage kommt.

Dementsprechend groß ist die Unzufriedenheit mit der derzeitigen Regelung: 3/4 aller Autoren lehnen sie ab, zufrieden mit ihr sind 7 Prozent. 93 Prozent aller Autorinnen und Autoren sind somit mit der jetzigen Regelung nicht oder nur teilweise einverstanden.

Der Stand der für 2001 erhobenen Versicherungsverhältnisse macht klar, warum. 8 Prozent der Autoren haben nach wie vor keine Pensionsversicherung, 2,5 Prozent nicht einmal eine Krankenversicherung. Dafür sind schon im ersten Jahr der Versicherungspflicht 4,5 Prozent der Autoren auf Grund der „Neuen Selbständigenversicherung“ zu Pflichtversicherungs-Doppelbeitragsleistern geworden. Mehr als 3/4 der Autoren haben andere Versicherungen und nur für 16 Prozent der Autoren ist die „Neue Selbständigenversicherung“ als einzige Versicherungsform wirksam. 70 Prozent der Autoren glauben, daß die „Neue Selbständigenversicherung“ auf sie Anwendung findet, 30 Prozent sind nicht einmal davon überzeugt.

Mehr noch als über die Höhe der Versicherungsbeiträge (51 Prozent) herrscht mit den Informationsleistungen der Versicherung (60 Prozent) die höchste Unzufriedenheit. Auf der Wunschliste ganz oben steht die Abschaffung der Doppelpflichtversicherung (57 Prozent), die Wahlfreiheit in der Versicherung bei vorliegenden gleichartigen Versicherungen (51 Prozent), und für 3/4 aller Autoren ist die sozialrechtliche Absicherung überhaupt nur durch die Einführung einer Grundsicherung für Autoren lösbar.

Um den schon vor der Auswertung dieser Fragebogenergebnisse vermuteten geringen Erfolg der derzeitigen Lösung zu rechtfertigen, wurde – wie das letzte Mal vor dem „Ersten österreichischen Schriftstellerkongreß“ vor 20 Jahren – die von der IG Autorinnen Autoren registrierte Zahl der in Österreich existierenden Schriftsteller bezweifelt. Die Zahl von 3.900 Autoren, die das aktuelle Handbuch „Literarisches Leben in Österreich“ verzeichne, komme nur durch die Einbeziehung aller Autoren zustande, die „jemals etwas geschrieben“ hätten, etc. Dem widerspricht sowohl die Neuerscheinungsstatistik des Österreichischen Buchhandels als auch die Anzahl der in den Bereichen Belletristik und Kulturpublizistik im jährlichen Neuerscheinungskatalog „Die Literatur“ der IG Autorinnen Autoren enthaltenen Neuerscheinungen. Allein 1.369 in österreichischen Verlagen neuerschienene Buchtitel registrierte der Katalog „Die Literatur“ 2001, die nur mit wenigen Ausnahmen nicht von österreichischen Autoren stammen, und darüber hinaus 186 weitere neue Buchtitel österreichischer Autoren in deutschen und Schweizer Verlagen. Wer soll diese Bücher geschrieben haben: keine Autoren? Wer sollen darüber hinaus die rund 8.000 Mitglieder bei den beiden österreichischen Literarischen Verwertungsgesellschaften LVG und Literar-Mechana sein: alles keine Autoren?

Ein zweiter Abwehrreflex besteht darin, die Interessenvertretungen hätten zu wenig informiert. Das ist leicht widerlegbar. Die Interessenverbände haben monatelang überhaupt nichts anderes gemacht, als über Versicherungsfragen zu informieren. Mit Veranstaltungen, Aussendungen, Rundschreiben, Individualberatungen und auch Befragungen, und sie tun es auch jetzt noch, und zwar ohne auch nur einen Cent aus den Verwaltungsmitteln des Pensionsversicherungszuschußfonds dafür zu beanspruchen. Sie haben diese Leistungen aus entweder überhaupt keinen vorhandenen Förderungen oder aus gekürzten Förderungsmitteln erbracht.

Da die IG Autorinnen Autoren die jetzige Lösung, und zwar in damaliger Übereinstimmung mit dem Kunststaatssekretariat, nie als etwas anderes als „einen ersten Schritt“ bezeichnet hat, sollte das Ergebnis der Befragung eher dazu herangezogen werden, zu nächsten Schritten zu finden, als nach weiteren Möglichkeiten zu suchen, warum eine am Großteil der Autoren vorbeiformulierte Lösung trotzdem die beste aller Lösungen war und bleiben muß.

Die Umfrageergebisse im Detail

Ende des vergangenen Jahres hat die IG Autorinnen Autoren mit einem Fragebogen ihre Mitglieder über ihre soziale Absicherung und ihre Erfahrungen mit den seit 1.1.2001 neuen Sozialrechtsregelungen für Künstler befragt und bis Ende Jänner 2002 von 208 Autoren oder von 7 Prozent der rund 3.000 befragten Autoren Antworten dazu erhalten. Zahlreiche weitere Autoren, die in dieser Umfrage nicht berücksichtigt werden konnten, haben sich zur Beantwortung von Fragen zu ihren Versicherungsverhältnissen auf Grund der für sie unklaren Versicherungssituation außerstande erklärt und/oder ausführlich schriftlich Stellung dazu genommen. Die Beteiligung erfolgte in fast allen Fällen nicht anonym. Die Fragebögen stammen von Autoren, auf deren literarische Tätigkeit die Thematik der Umfrage Einfluß hat. Eine Beteiligung aus schriftstellerischen Profilierungsgründen kann somit ausgeschlossen werden.

Gefragt wurde nach dem Status quo der Versicherung, nach der Zufriedenheit mit der derzeitigen Regelung für Autoren und nach Verbesserungsvorschlägen.

1. Stand der Versicherungen 2001

Stand der Versicherungsverhältnisse von 208 Autorinnen und Autoren 2001

  • versichert als „Neue Selbständige“: 16%
  • anders pflichtversichert: 56%
  • doppelt pflichtversichert auf Grund der „neuen Selbständigenversicherung“: 4,5%
  • freiwilligen-, mit- und privatversichert: 21%
  • ohne Krankenversicherung: 2,5%

davon nicht pensionsversichert: 8%

2. Zufriedenheit mit der Sozialversicherungsregelung für Künstler

Von der/in die Künstlersozialversicherungsregelung

  • weder erfaßt noch berührt: 30%
  • grundsätzlich einbezogen: 70%

In die Künstlersozialversicherungsregelung grundsätzlich einbezogen und damit

  • zufrieden: 7%
  • teilweise zufrieden: 17%
  • nicht zufrieden: 76%

In die beiden für Autoren bestehenden Zuschußsysteme einbezogen 201 waren:

  • Sozialfonds (Krankenversicherungszuschüsse, Alterszuschüsse): 11%
  • Pensionsversicherungsfonds: 8%

3. Hitliste der sozialen Unzufriedenheit

bei grundsätzlich in die „Künstlersozialversicherung“ einbezogenen Autoren mit:

  • den Informationsleistungen der Versicherung: 60%
  • der Höhe der Versicherungsbeiträge: 51%
  • dem Verwaltungsaufwand: 38%
  • den Informationsleistungen des Pensionsversicherungsfonds: 38%
  • dem Aufwand für die Bezuschussung aus dem Pensionsversicherungsfonds: 27%
  • der Höhe der Zuschüsse aus dem Pensionsversicherungsfonds: 24%

bei versicherten wie nicht-versicherten Autoren mit:

  • den Informationsleistungen des Sozialfonds: 23%
  • dem Aufwand für die Bezuschussung aus dem Sozialfonds: 22%
  • der Höhe der Zuschüsse aus dem Sozialfonds: 20%

4. Hitliste der Verbesserungsmöglichkeiten

  • Grundsicherung für Autoren: 75%
  • Keine zusätzliche Pflichtversicherung bei einer bereits bestehenden Pflichtversicherung: 57%
  • Freie Versicherungswahl bei vorliegenden gleichartigen Versicherungen: 51%
  • Keine Doppel-Pflichtversicherung ab Vorliegen einer vorzeitigen oder einer Alterspension: 40%
  • Berücksichtigung von Preisen und Stipendien bei der Versicherungsgrundlagenbemessung: 38%
  • Ausweitung der Versicherungsleistungen auf eine Arbeitslosigkeitsversicherung: 34%
  • Leistung von Versicherungsbeiträgen nach eigenen Einkommensangaben: 32%