(Zeitung 2006) Beiträge zum Thema (zurück zum Inhaltsverzeichnis)
Der Kulturrat Österreich fordert:
- Ministerium für Kunst, Kultur und Medien statt Kunstkanzleramt
- Erhöhung des Budgets für zeitgenössische Kunst auf 0,5% des Staatshaushaltes
- Umsetzung der UNESCO-Konvention zur kulturellen Vielfalt und Ausrichtung des kulturpolitischen Handelns an ihren Inhalten
- Mehr Transparenz und Zuverlässigkeit in der Kunst-/Kulturförderung und -verwaltung
Die Texte:
Problembärenbewältigung
Gerhard Ruiss: 10 Jahre Neoliberalismus
Mit welcher nächsten Regierungskonstellation sich die KünstlerInnen auch auseinandersetzen werden müssen, drei Dinge dürfen sie von Anfang an keiner nächsten Regierung ersparen. 1. Die Kunstverwaltung muß wieder in direkter Ministerverantwortlichkeit geschehen. 2. Das Regierungsprogramm muß klare gesetzliche Vorhaben im Bereich der Kunst, Kultur, Bildung und Medien für die laufende Legislaturperiode enthalten. 3. Das Kunstbudget muß, inklusive Teuerungsausgleich, sofort auf seine frühere ungekürzte Höhe und innerhalb der Legislaturperiode deutlich angehoben werden.
Freiheit in Kunst und Kultur?
Sabine Kock: Eine prekäre Angelegenheit
Freiheit in Kunst und Kultur ist eine mehrfach prekäre Angelegenheit – auch ganz unabhängig von ihren gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen: Prekär sind die Arbeits- und Lebensumstände in allen Sparten der sogenannten „freien“ Kunst. Prekär ist jedoch auch der künstlerische Prozess in seinem innersten Kern. Erst als Drittes prekär können darüberhinaus die politischen oder gesellschaftlichen Rahmenbedingungen künstlerischer Arbeit sein.
Heimatschutz und Leitkultur
Martin Wassermair: Der neokonservative Kulturkampf im Musterland Österreich
Heimat-Töne der Politik finden ihre Widerspiegelung im Info-Boulevard des ORF, in der anwachsenden Flut von Gratis-Blättern und allen voran in der Kronen Zeitung. Wer die Grundlagen von Identität, angeblicher Leitkultur und Nationalgeschichte erschüttern will, muss deren Zeichensysteme anvisieren.
Das österreichische Exzellenzgeschäft
Monika Mokre: Überholen ohne einzuholen
Wären kulturelle und wissenschaftliche Qualität Naturerscheinungen, die nur nicht behindert werden müssen, so würde diese Art der Kultur-, Bildungs- und Wissenschaftspolitik zwar zu neuen und gravierenden gesellschaftlichen Bruchlinien zwischen Wissenden und Nicht-Wissenden führen, sowie zur Prekarisierung von denjenigen, die sich im Bereich Kultur und Wissenschaft nicht im Spitzenfeld bewegen – aber zumindest könnte die Politik dann ihr selbst gestecktes Ziel der Exzellenz erreichen. Da allerdings kulturelle und wissenschaftliche Qualität in genau denjenigen Ausbildungswegen erreicht werden, denen zunehmend das Wasser abgegraben wird, steht zu erwarten, dass dieses Konzept auch in dieser Hinsicht scheitert.
Die flexiblen und mobilen Ichlinge
Eva Blimlinger
Die mobilen und flexiblen freien WissenschafterInnen, also jene, die ausschließlich auf zeitlich befristete Arbeitszusammenhänge angewiesen sind, und hier wiederum vor allem auf Projekte, müssen einerseits als Ichlinge agieren, um andererseits als Wirlinge überhaupt Beschäftigung zu finden: Stichwort EU-Projekte und die notwendige institutionelle Anbindung. Sofort wird aber immer – selbstverständlich informell – von Seiten der Institution klargestellt, Mitarbeit ja, aber Arbeitsplatz, Infrastruktur nein, das geht nicht, kein Platz, kein Geld, ja vielleicht der eine oder andere Betrag für Overheadkosten. Der Beschluss über ein Bundesgesetz über das Institute of Science and Technology – also, kurz gesagt, Exzellenz Universität Gugging – zeigt, es ist keine Frage des Geldes. Das gibt es, vor allem in Fülle! Es ist – wie banal – eine Frage der Verteilung und der politischen Absicht.
Strategien der (Selbst-)Ermächtigung
Therese Kaufmann: Anmerkungen zu kulturpolitischen Ansätzen für Europa
Drei Aspekte könnten als zentrale Forderungen für europäische Kulturpolitiken definiert werden: Zugang und Partizipation, die Pluralisierung transnationaler Öffentlichkeiten und die Förderung gesellschaftlicher Teilhabe durch neue Formen der Zusammenarbeit und Allianzen zwischen verschiedenen politischen Feldern. Durchaus in Überschneidung zwischen ihnen können sie mögliche Strategien der (Selbst-)Ermächtigung und der Artikulation von Subjektpositionen bedeuten.
GATS geht alle an
Andrea Ellmeier: Öffentliche Dienstleistung Kultur in Gefahr?
Wirtschaft, Weltwirtschaft und all die internationalen Verträge interessieren die, die im kulturellen Feld arbeiten, nicht unbedingt. Sollten sie aber. Was haben rein wirtschaftliche Regelungen mit Kultur zu tun? Viel. Es schaut ganz so aus, als ob „die Wirtschaft“ alle und alles eingeholt hätte: Jetzt müssen sich in den Anfängen des Wohlfahrtstaates noch deutlich ökonomie-ferne Bereiche wie Kultur und Kunst, Bildung und Gesundheit über etwas so Sperriges wie GATT (General Agreement on Tariffs and Trade) und die EU-Dienstleistungsrichtlinie schlau machen. Warum eigentlich?
Kunstförderung seit 2000
Elisabeth Mayerhofer: Der kreative Gaulschreck
Die Ausgaben für Kunst und Kultur sind seit dem Antritt von Schwarz-Farbe gesunken. Und das nicht wenig. Im Jahr 2004 gab der Bund so wenig Geld aus wie noch nie seit 1995, dem Jahr, seit dem vergleichbare Daten vorliegen. Am stärksten von den Rückgängen betroffen war dabei das Bundeskanzleramt, das traditionell für die Förderung zeitgenössischer Kunst zuständig ist. Innerhalb der FördernehmerInnen sind die Kürzungen genauso ungleich verteilt wie die Fördersummen. Eine Konstante zieht sich allerdings durch: Wer wenig kriegt, wird auch stark gekürzt.
Kulturmanagement
Tasos Zembylas: Kein rotes Tuch, keine Heilslehre
Die Wirkung des Kulturmanagements in Kulturorganisationen ist selten konfliktfrei. Kulturmanagement kann im kooperativen Geist kulturunterstützend sein; oft ist es aber mit Denkstilen und Handlungsroutinen behaftet, die mit der Produktionslogik vieler Kulturschaffender inkompatibel sind. Der Wille zur Effizienz allein kann jedoch die Predominanz von KulturmanagerInnen nicht rechtfertigen, denn die Ziele von Kulturorganisationen sind primär nicht ökonomisch sondern kulturell.